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Wird deutscher Qualitätsweizen bald rar?

Aktuelles Getreide
12.05.2015

Düngeverordnung kann zu sinkenden Proteingehalten führen/Stärkere Flexibilisierung gefordert

Seit Ende letzten Jahres liegt der neue Entwurf zur Düngeverordung in Deutschland vor. Landwirte und Interessensvertreter stehen der Novelle kritisch gegenüber. Sie befürchten unter anderem, dass die Rolle Deutschlands als wichtiger Anbieter von Brotgetreide auf dem Weltmarkt gefährdet wird. Dazu haben die Analysten der ADM Germany GmbH in ihrem aktuellen monatlichen Marktbericht Stellung genommen.

Zu den wichtigsten Neuerungen der vorliegenden Dünge-VO (Verordnung) zählen

1. Die Beschränkung der Herbstdüngung:

Zwischen Ernte und dem 31.01. dürfen Düngemittel mit wesentlichem Gehalt an Stickstoff nicht mehr ausgebracht werden. Nur bei Winterraps, Zwischenfrüchten und Feldfutter ist eine Andüngung mit Stickstoff noch erlaubt. Das gilt auch für vor dem 1.10. ausgebrachte Wintergerste. 0Strohdüngung bei Stoppelweizen ist nicht mehr erlaubt.

2    Schlagbezogene Düngemittelbedarfsermittlung:

Diese muss jetzt verbindlich eingehalten werden. Liegt ein Weizenertrag zum Beispiel mehr als 10 dt/ha über dem Referenzwert, dürfen höchsten 10 kg N/ha mehr gedüngt werden. Bei Mindererträgen von 10 dt/ha muss die Düngung um 15 kg N zurückgeführt werden.

3. Weniger Stickstoff- und Phosphorsalden erlaubt:

Ab dem Jahr 2018 soll der zulässige N-Saldo im Durchschnitt der letzten 3 Jahre von 60 kg auf 50 kg/Jahr sinken. Im sechsjährigen Mittel soll der P-Saldo nur noch bei höchstens 20 kg/Jahr liegen. Das Tolerieren von Überhängen auf höher versorgten Standorten soll entfallen. Werden die Salden überschritten, kann das zu Reduzierungen der Direktzahlungen (Cross Compliance) führen.

4. Länderöffnungsklausel:

Danach sollen individuelle Anpassungen in einzelnen Bundesländern erlaubt werden. Die Nachdüngung in belasteten Gebieten könnte noch weiter beschränkt werden, die Sperrfrist für die Ausbringung von Düngemitteln verlängert und die zulässigen N-Salden noch unter den Wert von 50 kg gedrückt werden.

Ist so ein strenges, flächendeckendes Regelwerk überhaupt notwendig?

Grundlage für die Neuregelung der Düngeverordnung ist der Nitratbericht der Bundesregierung. Problem ist, dass in dem Bericht vorwiegend Ergebnisse von 126 sogenannten Problemstandorten in Deutschland herangezogen wurden. Rückschlüsse auf die allgemeine Wasserqualität in Deutschland sind, selbst nach Aussage des Bundesministeriums für Landwirtschaft, danach nicht möglich. Eine Betrachtung des gesamten deutschen Messnetzes zeigt, dass fast 90 Prozent der Brunnen die Mindestqualitätsanforderungen erreichen und bei knapp 70 Prozent die Wasserqualität sogar sehr gut ist. Seit 2008 gehen die Nitratgehalte zudem zurück. Nur an bestimmten, gut zu lokalisierenden Standorten gibt es in Deutschland Probleme mit der Wasserqualität. Die Fachleute von ADM fragen sich deshalb, warum ein so strenges, flächendeckendes Regelwerk überhaupt notwendig ist.

Sperrfrist für N-Düngung von Winterweizen dürfte Erträge beeinflussen

Der Stickstoffsaldo von 50 kg N/ha ist auf guten Standorten bei entsprechenden Witterungsbedingungen einzuhalten. Bei schlechtem Wetter könnte dies schwierig werden, zumal Böden mit gutem Wasserhaltevermögen auch höhere N-Werte vertragen. Schlechtere Böden dürften hingegen Schwierigkeiten mit der Einhaltung der Obergrenze haben. Eine alternative Verringerung der N-Düngung führt beim Qualitätswinterweizen zu sinkenden Proteingehalten und Erträgen. Vor allem die geplante Sperrfrist für die N-Düngung von Winterweizen bis 31.Januar dürfte die Erträge empfindlich beeinflussen. Auch kurzfristige Regeländerungen, die im Rahmen der Länderöffnungsklausel möglich werden, werden kritisch betrachtet.

Am Beispiel Dänemarks, wo die Nitratrichtlinie der EU und ein entsprechendes Düngemittelgesetz bereits Anfang der 90 ziger Jahre eingeführt wurde, zeigen sich negative Konsequenzen. Dort ist der Proteingehalt im Weizen so stark zurückgegangen, dass aus Dänemark nur noch Weizen mit niedrigeren Eiweißgehalten auf den Markt kommt, der rund 10 €/t billiger als deutscher Qualitätsweizen ist.

Die EU zählt weltweit zu den größten Weizenexporteuren mit den höchsten und stabilsten Erträgen. Vor allem in Frankreich und Deutschland liegen die Erträge mit 7 bis 8 dt/ha deutlich über dem Durchschnitt. Außerdem exportiert Deutschland hauptsächlich Weizen mit 12,5 Prozent Protein. Fachleute befürchten, dass Deutschland, mit Umsetzung der Dünge-VO, seine Rolle als weltweit bedeutender Exporteur von Qualitätsweizen einbüßen könnte. Auch eine ausreichende Versorgung der deutschen Getreidemühlen mit hochwertiger Ware aus dem Inland wäre u.U. nicht mehr gewährleistet. Die Fachlaute der ADM fordern deshalb eine flexiblere Handhabung der Maßnahmen in Rahmen der Dünge-VO, die sich an den Bedarfswerten in der Höhe der N-Düngeplanung orientieren sollte.

Brigitte Braun-Michels