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Integrierte Produktion von Erdbeeren am Beispiel der Grauschimmelfäule (Botrytis cinerea)

Aktuelles Spezialkulturen
01.03.2017

 

Ralf Jung, Landwirtschaftskammer NRW, Pflanzenschutzdienst, Gartenstraße 11, 50765 Köln-Auweiler, Telefon: 0221 5340-491, E-Mail: ralf.jung@lwk.nrw.de.

Erdbeerexperte Ralf Jung Die Grauschimmelfäule ist die am häufigsten vorkommende Fruchtfäule der Erdbeere. Bei nasser Witterung zur Blüte und Ernte können durch sie im Freiland sehr hohe Ertragsverluste eintreten. Bei ihrer Bekämpfung muss der integrierte Pflanzenschutz Leitbild des praktischen Pflanzenschutzes sein. § 2 des Pflanzenschutzgesetzes definiert integrierten Pflanzenschutz als eine Kombination von Verfahren, bei denen unter vorrangiger Berücksichtigung biologischer, biotechnischer, pflanzenzüchterischer sowie anbau- und kulturtechnischer Maßnahmen die Anwendung chemischer Pflanzenschutzmittel auf das notwendige Maß beschränkt wird. Im Folgenden werden Maßnahmen beschrieben, die die Befallsgefahr durch den Botrytispilz verringern.

 

Die 8 wichtigsten Kulturmaßnahmen:

 

Boden

Ideale natürliche Erdbeerstandorte sind leichte Böden wie z. B. sandige Lehme. Die Bodenart spielt deshalb eine wesentliche Rolle, weil sie in hohem Masse den Luft-, Wasser- und Nähstoffhaushalt und damit das Pflanzenwachstum und deren Gesundheit beeinflusst. Erdbeeren werden in der Regel ebenerdig im Freiland angebaut. Üblich sind dabei Einzelreihen (0,80 - 1,00 m x 0,25 -0,35 m) und Doppelreihensysteme (z.B. (0,90 m + 0,50 m) / 2 x 0,30 m oder (1,25 m + 0,625 m) / 2x 0,30 m).

Sorten

Resistenzen bzw. hohe Widerstandsfähigkeiten gegen pilzliche Krankheiten sind ein wichtiges Zuchtziel. Leider ist seit Jahren die Auswahl geeigneter Zuchteltern für eine Resistenz gegenüber der Grauschimmelfäule sehr begrenzt. Daher zeigen letztendlich gängige Marktsorten wie Clery, Elsanta oder Malwina bei entsprechenden Witterungsbedingungen eine ähnlich hohe Botrytis-Empfindlichkeit.

Düngung

Zu hohe Stickstoffgehalte im Boden und in der Pflanze erhöhen deutlich die Botrytisanfälligkeit der Erdbeere. Die derzeitige Empfehlung für die Stickstoff-Düngung liegt bei 60 bis 80 kg/ha für Standardkulturen.

Es wird empfohlen, diese Menge zeitlich wie folgt aufzuteilen: 

  1. Herbstdüngung (Anfang September): 0 - 40 kg/ha
  2. Vegetationsbeginn (Frühjahr): 20 - 40 kg/ha
  3. Zeitpunkt der Stroheinlage: 20 - 40 kg/ha

Generell gilt: Eine sachgerechte Düngung orientiert sich am Nährstoffbedarf der Erdbeere und dem Nährstoffgehalt des Bodens (Bodenuntersuchung LUFA). Weil die N-Nachlieferung aus dem Humus im Boden erheblich sein kann, sollte der Düngung jeweils eine Nmin-Analyse vorausgehen: 0 bis 30 cm Tiefe; im Herbst nach der Pflanzung bzw. nach der einjährigen Kultur im Frühjahr vor der Blüte. Eine erforderliche Düngung ist termingerecht auszuführen und dem Pflanzenwachstum anzupassen.

 

     

    Bewässerung

    Ein Zuviel an Wasser kann das Infektionsrisiko mit Bodenpilzen und der Grauschimmelfäule drastisch erhöhen. Da Wasser außerdem meist nicht unbegrenzt und ohne Kosten zur Verfügung steht, ist grundsätzlich abzuwägen, ob eine zusätzliche Wassergabe sinnvoll ist. Mittels einer Bewässerungssteuerung (Tensiometer) können Wassergabe ökonomisch und ökologisch sinnvoll eingesetzt werden.

    Tropfbewässerungsanlagen haben im letzten Jahrzehnt bei Erdbeeren zunehmend an Bedeutung gewonnen. Die Vorteile sind eine hohe Verteilgenauigkeit, geringere Wassermengen, weniger Ausbringungsverluste und zielgenaue Wassergaben dort, wo die Pflanze ihre Wurzeln haben. Die Früchte und Blüten bleiben trocken, was zu einem verminderten Risiko von Pilzinfektionen beiträgt. Nachteilig sind der hohe Kapital- und Arbeitsbedarf.

    Überkopfberegnungsanlagen kommen im Erdbeeranbau als Rohrberegnungsverfahren oder mit mobilen Beregnungsmaschinen zum Einsatz. Sie empfiehlt sich, wenn im Frühjahr auch die Möglichkeit einer Frostschutzberegnung angestrebt wird, außerdem in der Etablierungsphase von wurzelnackten Grünpflanzen oder A+- und Wartebeetpflanzen zur Verspätung im Freiland. Nachteilig ist der hohe Wasserverbrauch durch ineffiziente Ausbringung in den Reihenzwischenräumen, die hohe Windanfälligkeit und der erhöhte Pilzdruck durch nasse Pflanzen. Beregnung zur Blüte, vor und während der Ernte bzw. an heißen Tagen erhöht den Befall mit Botrytis; das Befallsrisiko wird etwas reduziert bei Bewässerung noch taunasser Pflanzen in den frühen Morgenstunden.

    Dammkultur

    In Deutschland dehnt sich diese Anbauform immer mehr aus. Die Dammkultur ist zwar im Vergleich zu einer ebenerdigen Kultur etwa 4000 bis 5000 €/ha teurer (Ludger Linnemannstöns, LWK NRW, GBZ Köln-Auweiler), bietet aber eine Reihe von pflanzenbaulichen Vorteilen: 

    • Die Erdbeerwurzeln wachsen in einem sehr gut gelockerten und feucht gehaltenen Boden (bei Tröpfchenbewässerung). Das führt zu einer besseren Pflanzenentwicklung, was besonders bei Terminkulturen und dem Anbau remontierender Erdbeeren von Bedeutung sein kann.
    • Überschüssiges Regenwasser wird durch die Dämme abgeführt, dadurch können Vernässung und die Gefahr des Auftretens von Wurzelerkrankungen (Phytopthora sp., Rhizoctonia sp.) sowie der Grauschimmelfäule vermindert werden. 

    Stroheinlage

    Optimal eignet sich Weizenstroh, weil es sich gut unter die Erdbeeren legt. Es hat durch das Häckseln die richtige Länge und hält die Feuchtigkeit gut. Für eine ausreichende Einstreumenge sind etwa 70 dt Stroh/ha Erdbeerfläche nötig. Wenn die Erdbeerreihen auf Dämmen stehen, wird eine höhere Menge angestrebt, denn sonst rutscht das Stroh von den Erdbeerpflanzen weg und hinterlässt gerade pflanzennah zu viel offenen Boden.

    Stroh wird zwischen die Erdbeeren gestreut, damit die reifenden Früchte nicht verschmutzen, sondern sauber und trocken liegen. Es verhindert außerdem die Austrocknung des Bodens und den Aufwuchs von Unkraut. Das Stroh darf nicht zu früh eingelegt werden, weil (mit der Einlage) die Gefahr von Spätfrostschäden zunimmt, aber auch nicht zu spät und vor allem, bevor sich die Fruchtstände niederlegen.

    Ernte

    Bei einem vorhandenen Botrytisbefall hat sich das Hygienepflücken als sehr effektiv erwiesen. Nicht vermarktungsfähige, deformierte, faule oder zu kleine Früchte sollten immer mitgepflückt und (separat) aus dem Bestand gebracht werden. Auf bestehenden Befall darf niemals ein Botrytizid gespritzt werden. Die Gefahr einer Resitenzausbildung gegenüber Fungizidwirkstoffen steigt um ein Vielfaches!

    Geschützter Anbau

    Eine Möglichkeit, einen Teil der Produktions- und Vermarktungsrisiken zu vermindern, besteht darin, die Erdbeeren in geschützten Räumen (Folientunnel oder Gewächshäusern) zu kultivieren (mehr dazu hier im Artikel von Markus Litterst) . Witterungsrisiken (Grauschimmelfäule) werden deutlich reduziert, die Lieferfähigkeit wird verbessert und durch verschiedene technische Maßnahmen ist eine deutliche Verlängerung der Angebotszeit möglich. 

    Grundsätzlich muss man beim Anbau in Folientunneln oder Gewächshäusern entscheiden, ob der Anbau im Boden oder im Substrat stattfinden soll. Beim geschützen Anbau spielt das Lüftungsmanagement eine entscheidende Rolle. Wird dies optimal ausgeführt, reicht in der Regel eine Botrytisspritzung zu Beginn der Erdbeerblüte. Hochtunnel werden z.B. durch Öffnen der Türen und das seitliche Hochschieben der Folie gelüftet. Um die Erdbeeren vorzutreiben, toleriert man bis Blühbeginn Temperaturen bis 28°C. Danach sollten Temperaturen und Luftfeuchtigkeit möglichst nahe der Optimalwerte von etwa 22°C und 70% relative Luftfeuchte herankommen. Hierdurch und durch die fehlenden Niederschläge ist das Botrytis-Risiko deutlich geringer. Die Fäulnisgefahr steigt bei hoher Luftfeuchtigkeit, dichten Beständen und mangelnder Lüftung!

    Zusammenfassend läßt sich Botrytis in Erdbeeren im Sinne des integrierten Pflanzenschutzes durch folgende Maßnahmen vorbeugen: 

    • Optimale Pflanzabstände einhalten.
    • Dammkulturen, Einzelreihenpflanzungen und einjährige Kulturen sind deutlich weniger gefährdet.
    • Gründliche Unkrautbekämpfung durchführen.
    • Sparsame Stickstoffdüngung im Frühjahr.
    • Entfernen befallener Früchte aus dem Bestand, z. B. nach Hagel oder Starkregen.
    • Einlegen von Stroh (mind. 70 dt/ha) zur Fruchtreife.
    • Bei mehrjähriger Kultur unmittelbar nach der Ernte Abmähen und Ausläufer entfernen.
    • Behandlungstermine: Spezialfungizide (Botrytizide) ab Blühbeginn bis Ende der Blüte 3 Behandlungen.
    • Pflanzenschutztechnik: Dreidüsengabel, Wasseraufwand 500-750 l/ha
    • Geeignete Wirkstoffgruppen (ausgewiesene Pflanzenschutzmittel) verwenden: Anilinopyrimidine (Frupica, Scala), Anilinopyrimidine + Phenylpyrrole (Switch), Carboxyanilide + Strobilurine (Signum), Hydroxyanilide (Teldor).
    • Resistenzmanagment beachten, in Spritzfolgen regelmäßig Wirkstoffgruppenwechsel einbauen.