Überzogene EU-Regulierung erschwert wirksamen Pflanzenschutz
Praktiker berichten in Berlin von Schäden und Ernteverlusten
Deutschen Landwirten fällt die wirksame Bekämpfung von Schadinsekten und Pflanzenkrankheiten immer schwerer – weil es an zugelassenen Mitteln gegen Schädlinge fehlt oder weil bewährte Mittel von den Behörden vom Markt genommen werden. Zusätzlich bedrohen neue Schädlinge, die im Zuge der Klimaveränderung zu uns kommen, ihre Ernten. Durch die restriktive Pflanzenschutzpolitik der Europäischen Union werden sich diese Probleme in den kommenden Jahren weiter verschärfen.
Diesen ernüchternden Ausblick präsentierte der Industrieverband Agrar e.V. (IVA) heute bei einem Pressegespräch anlässlich der Internationalen Grünen Woche in Berlin. Rapsanbauer Hans Behn aus Mecklenburg-Vorpommern und Winzer Norbert Weber aus Südbaden, berichteten von erheblichen Schäden und Ernteverlusten durch die Kleine Kohlfliege und Kirschessigfliege. "Landwirten werden absehbar immer weniger wirksame Mittel zur Verfügung stehen. Die Industrie kann die entstehenden Lücken durch neue Produkte nicht mehr schließen", berichtete IVA-Präsident Dr. Helmut Schramm.
Zusätzlich zwei bis vier Spritzungen mit Rapsinsektiziden
Im Rapsanbau war bis Dezember 2013 die Beizung des Saatguts mit neonikotinoiden Insektiziden Standard gegen Rapserdfloh und Kleine Kohlfliege. Nachdem die Europäische Union 2013 ein Anwendungsverbot für drei Wirkstoffe erließ, mussten Rapsanbauer die Rapsaussaat ohne insektizide Beizung ausbringen. Gegen den Rapserdfloh musste Hans Behn zusätzlich zwei bis vier großflächige Spritzanwendungen mit Insektiziden durchführen. Gegen die Kleine Kohlfliege gibt es kein zugelassenes Pflanzenschutzmittel mehr. Er errechnete für seinen Betrieb höhere Kosten von etwa 400 Euro je Hektar. "Das eigentliche Ziel, die Gesundheit der Bienen zu verbessern, wird in jedem Fall verfehlt", so Behn.
Bewährte Pflanzenschutzmittel gegen Kirschessigfliege zulassen
Die Kirschessigfliege trat 2014 in vielen deutschen Weinbauregionen erstmals massiv auf. Der Schädling hat das Potenzial, die Winzerarbeit eines ganzen Jahres zunichte zu machen. „Was die Weinbaubetriebe jetzt dringend brauchen, ist eine größere Vielfalt an Wirkstoffen, damit wir nicht in ein paar Jahren in die Resistenzfalle laufen. Und in anderen Bereichen bereits bewährte Pflanzenschutzmittel müssen zur Bekämpfung der Kirschessigfliege auch für den Weinbau zugelassen werden“, forderte Weber.
Nach einer internen Analyse des IVA kann das restriktive EU-Pflanzenschutzrecht die Probleme der Landwirte noch verschärfen. So stehen drei von vier Getreidefungiziden auf der Kippe, nur noch jedes zweite Mittel gegen Krautfäule bei Kartoffeln wäre zulassungsfähig.