Interview mit Dr. Christoph Mainka, Syngenta Seeds: „Wir züchten unter Trockenstress“

Rinderhalter oder Biogasbetriebe sind auf sichere Maiserträge auch in Trockenjahren angewiesen. Ein Maiszüchter beschreibt die Herausforderung.
Dr. Christoph Mainka verantwortet seit 1992 die deutsche Maiszüchtung bei Syngenta und deren Vorgängerfirmen. Der Saatgutanbieter hat angekündigt, das Maisportfolio um mittelfrühe Silomaissorten sowie die Zahnmaisgenetik für Körnermais auszubauen.
agrarzeitung: Auf welche Klimaveränderungen müssen Maiszüchter reagieren?
Dr. Christoph Mainka: Auf ausbleibende Niederschläge reagiert Mais während des Fahnenschiebens bis zur Milchreife sehr empfindlich. Deswegen müssen wir als Züchter anstreben, dass neue Maissorten die verfügbare Wassermenge noch besser nutzen können. Außerdem müssen die Pflanzen noch toleranter gegenüber Hitze- und Trockenstress werden, dürfen aber auch unter guten Wachstumsbedingungen in der Ertragsleistung im Vergleich zu den Hochleistungssorten nicht abfallen.
Wie gehen die Syngenta-Maiszüchter vor?
Syngenta startete vor mehr als zehn Jahren in den USA Züchtungsprogramme für trockenere Bedingungen. Mittlerweile werden entsprechende Sorten auch in Deutschland unter der Dachmarke Artesian angeboten. Wir nutzen hier als Ausgangsmaterial Maislinien aus den eigenen Zuchtprogrammen in der Ukraine, Ungarn und Italien, da diese bereits unter Trockenstress gezüchtet wurden. Diese Linien werden in unsere deutschen Zuchtprogramme integriert.
Wie lässt sich Hitze- und Trockenstress denn messen?
Die neuen Hybriden werden unter hiesigen Bedingungen auf ihre Ertragsleistung geprüft. Da die vergangenen drei Jahre in einigen Regionen ausgesprochene Trockenjahre waren, konnten wir die Trockenstress-Toleranz in unserem Sortiment deutlich verbessern.
Landwirte haben auch Probleme mit Spätfrösten, Sturm oder Starkregen. Kommen neuere Maissorten damit besser zurecht?
Züchtung findet ja nicht nur im Gewächshaus, sondern vor allem draußen im Feld statt. Dort ist das Zuchtmaterial den jeweiligen Wetterverhältnissen ausgesetzt und muss seine Leistung zeigen. So prüfen wir nicht nur die Toleranz gegenüber Trockenheit, sondern beispielsweise auch die Neigung zu Wurzellager und Stängelbruch bei starken Windereignissen. Lageranfälligkeit kann das Ertragspotenzial erheblich begrenzen. Außerdem sind die Feldversuche zur Entwicklung von neuen Maislinien bei Syngenta grundsätzlich sehr weiträumig und mehrjährig angelegt. Von der Bretagne bis Russland wächst der Mais in verschiedensten Klimazonen. Hier müssen die Linien ihre Flexibilität und Ertragsstabilität unter Beweis stellen.
Fehlende Beizmittel machen den Landwirten zu schaffen. Bietet die Züchtung hier Lösungen?
Die abnehmende Verfügbarkeit an Wirkstoffen gegenüber pilzlichen und tierischen Schaderregern stellt ein elementares Problem für unsere Branche dar. Die Pflanzenzüchtung wird dieses Problem über die Resistenzzüchtung nicht allein lösen und auch nur im Ansatz kompensieren können. Eine Selektion des Zuchtmaterials auf schnelle Keimung und Jugendentwicklung kann sicherlich unterstützen, um eine zügige Etablierung des Bestandes zu erreichen. Eine züchterische Lösung gegen Schäden durch Insekten und Vogelfraß ist aber auf lange Sicht nicht absehbar. Die landwirtschaftliche Praxis stellt das vor große Herausforderungen.
Welches ist das wichtigere Zuchtziel: hohe oder stabile Erträge?
Die Bewertung von Sorten ergibt sich immer aus dem Mittelwert über mehrere Orte. Einzelne Höchsterträge sehen wir eher als Ausreißer. Zu den reinen Ertragsdaten addieren wir auch immer die agronomischen Eigenschaften, die zur Ertragssicherheit beitragen. Wir versuchen natürlich, beide Merkmale bestmöglich zu kombinieren. Ertragssicherheit spielt jedoch für Landwirte eine zunehmend wichtigere Rolle. Das haben uns die letzten extremen Jahre deutlich gezeigt. Optimale Erträge unter allen Bedingungen sind unser Zuchtziel. Maissorten, die nur unter bestimmten Bedingungen Höchstleistung zeigen können, haben in den mehrjährigen Zulassungsverfahren schlechtere Chancen.