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Wird Braugerste 2014 wieder teuer?

Markt und Meinungen
12.12.2013

Erzeuger halten Ware zurück / Spekulation auf die kommende Ernte

Braugerste ist in dieser Saison in Europa reichlich vorhanden und die Preise sind in den Keller gerutscht. Wie es um den Markt aktuell steht und was Erzeuger tun können, um sich abzusichern, darüber haben wir uns mit Walter König, Geschäftsführer des Bayerischen Brauerbundes e.V., unterhalten.

Wie ist der Braugerstenmarkt, ihren Beobachtungen nach, zur Saison 2013 in Deutschland und in Europa versorgt? Von wo nach wo ist Ware geflossen?

Walter König: In Deutschland haben wir bekanntermaßen 2013 ein gewaltiges Flächenminus bei der Braugerste erlebt. Erinnern wir uns: Aufgrund der Auswinterungsschäden im Winter 2011/12 ist die Braugerstenfläche im Frühjahr 2012 gewaltig ausgedehnt worden. Der folgende Winter verlief wieder normal, so dass auch die Anbauflächen an Sommergetreide 2013 wieder zurückgegangen sind. Ich würde deshalb die Jahre 2011 und 2013 vergleichen. Dennoch bleibt es bei einem leichten Flächenrückgang an Braugerste in Deutschland. Vorteil im Jahr 2013 war die insgesamt gute Ernte und die hervorragenden Qualitäten. Der Proteingehalt lag mit durchschnittlich 10,1 Prozent im grünen Bereich und der Vollgerstenanteil war mit 89,6 Prozent ebenso optimal. Wir konnten deshalb in Deutschland dieses Jahr auf 1,25 Mio. t braufähige Gerste zurückgreifen. Das entspricht der Versorgung der vergangenen Jahre.

Auf welchem Niveau waren die Preise für die Erzeuger zur Ernte? Wo liegen die Preise derzeit und welche Faktoren beeinflussen die aktuelle Preissituation maßgeblich?

Walter König: Sie müssen wissen, dass Deutschland seit Jahren Nettoimporteur von Braugerste ist und rund 1 Mio. t einführt. Das heißt, wir sind auf gute Ernten bei unseren Nachbarn angewiesen, um den Bedarf hiesiger Mälzer und Brauer zu decken. Vor allem in England wurde 2013 eine große Braugerstenernte eingefahren. Aufgrund der schlechten Aussaatbedingungen im Herbst 2012 ist dort die Braugerstenfläche um über 30 Prozent ausgedehnt worden. Hinzu kommt, dass Importeure von Futtergerste in dieser Saison selber gut geerntet haben. Braugerste wandert ansonsten oft in den konkurrierenden Futtertrog. Unterm Strich haben wir in diesem Jahr in der EU einen Braugerstenüberschuss von rund 1,9 Mio. t erzielt. Das sind keine Voraussetzungen für steigende Preise. Allerdings wird der Braugerstenpreis in erster Linie durch die Situation an den Leitmärkten (Weizen, Mais) bestimmt. Mit Bekanntwerden der guten Getreideernte in Europa und der Entspannung am US-Maismarkt, sind die Preise seit August 2013 um etwa 30 EUR/t gesunken, auf Großhandelsebene von 230 auf 200 EUR/t. Erzeuger erhalten seitdem noch 170 EUR/t für ihre Braugerste. Seit diesem Zeitpunkt verlaufen die Preise im Seitwärtstrend. Wir haben einen Nischenmarkt, der sich im gesamten Getreidekomplex mit bewegt.

Wie viel Ware aus der Ernte 2013 befindet sich aktuell noch bei den Erzeugern? Macht es derzeit Sinn, sich von noch vorhandenen Beständen zu trennen? Wie schätzen Sie die Vermarktungssituation bis zum Ende der Saison ein?

Walter König: Wie viel Ware noch bei den Erzeugern liegt, ist mit einem großen Fragezeichen versehen. Ich glaube, einige Erzeuger haben nicht mit dem starken Preisrutsch zur Ernte 2013 gerechnet und sich auf spätere Verkaufszeitpunkte konzentriert. Ob diese Rechnung aufgeht, bleibt abzuwarten. Die argentinische Getreideernte ist gut ausgefallen. Australien beliefert aufgrund der hohen Ernte den asiatischen Markt. Russland ist in diesem Jahr ebenso gut versorgt. Die Hoffnungen der Einlagerer auf schlechte Ergebnisse der Südhalbkugel haben sich damit in Luft aufgelöst. Mit dem Hinauszögern der Vermarktung wurden in diesem Jahr bisher Miese gemacht.

Wie sehen die Anbaupläne der Erzeuger in Deutschland und Europa für 2014 aus? Geht der Braugerstenanbau in Deutschland weiter zurück und wenn, warum?

Walter König: In diesem Herbst waren die Aussaatbedingungen für das Wintergetreide nahezu optimal. Dazu sind die Preise stabil. Voraussichtlich werden wir deshalb wieder weniger Sommergetreideanbau im Frühjahr 2014 verzeichnen und die Braugerstenernte dürfte zur kommenden Saison insgesamt mäßig ausfallen. Europas Ernte an Braugerste kann nur bei überdurchschnittlichen Ergebnissen mit der Nachfrage Schritt halten, so dass ein Defizit unter Umständen absehbar ist. Das könnte den Preisen 2014 ab Frühjahr Auftrieb geben. Erzeuger, die noch wenig vermarktet haben, spekulieren darauf. Allerdings wissen wir nicht, wohin die Reise bei den Leitmärkten geht. Meines Erachtens sind zudem die Mälzer gut gedeckt und werden erst wieder zwei bis drei Monate vor der Ernte neuen Bedarf anzeigen. Ob den Abgebern die Luft bis dahin reicht, bleibt abzuwarten. Sollte sich allerdings ein richtiges Defizit am Braugerstenmarkt abzeichnen, sind auch beachtliche Prämien (bis zu 45 EUR/t) gegenüber Futtergetreide möglich. Bisher bleiben solche Hoffnungen aber hoch spekulativ.

Gibt es Ideen, die Vermarktung über regionale Konzepte anders zu bündeln und welche Vorteile hätten die Beteiligten davon?

Walter König: Wir sind gerade mit mittelständischen Brauern, Mälzern und Erzeugern im Gespräch. Ziel ist es, alle Beteiligten der Wertschöpfungskette an einen Tisch zu bekommen und Leitlinien für die Preisbildung zu erarbeiten. Zum Beispiel könnte man in dieser Saison aushandeln, dass der Erzeuger für seine Braugerste 200 EUR/t in der Ernte erhält. Der Preis ist fixiert mit einer maximalen Abweichung zur Ernte von fünf Prozent nach oben und nach unten. In diesem Jahr hätten Erzeuger statt 170 EUR/t in der Ernte so 190 EUR/t erhalten. Nach oben wäre der Preis bei 210 EUR/t gedeckelt. Wer sich solchen Modellen anschließt, muss langfristig denken. In einem Jahr werden Gewinne über den Marktpreisen erzielt, im folgenden Jahr kann es umgekehrt sein. Jeder Beteiligte muss sich darüber im Klaren sein, wie viel er für sein Produkt erhalten muss bzw. was er ausgeben kann. Außerdem ist absolute Verbindlichkeit auf allen Ebenen erforderlich.

Herr König, wir danken Ihnen für das Gespräch.

Brigitte Braun-Michels