Weizenpreise behalten die rote Laterne
Analysten gehen von guten Ernten aus/ Frühe und gute Weizen- und Gerstenernte in Europa erwartet
Die Talfahrt bei den Notierungen für Getreide und Ölsaaten setzt sich fort. Bis Montagnachmittag hatten die Weizennotierungen in Paris (Nyse, Euronext) die Grenze von 190 €/t tuschiert. Die Rapsnotierungen liefen unter die Marke 350 €/t in die Woche. Das Wetter bestätigt die guten Ernteerwartungen für die bevorstehende Saison. Vorerst dürfte das dem Preis nach oben den Garaus machen.
In seinem aktuellen Bericht vom 29. Mai hat der Internationale Getreiderat (IGC) das weltweite Getreideaufkommen auf 1,937 Mio. t beziffert. Die weltweiten Bestände wachsen auf 398 Mio. t (VJ 396 Mio. t). Die globale Weizenernte wurde im Vergleich zur Vormonatsschätzung um 3 Mio. t auf 694 Mio. t gesenkt. Hier schlug die geringer vermutete US-Weizenernte zu Buche. Weil der Verbrauch auch leicht zurückgenommen wurde, bleibt es – wie in der Schätzung vom April – bei Endbeständen von 187 Mio. t (VJ 191 Mio. t).
Beim Mais wird die weltweite Ernte 5 Mio. t über dem Vormonat beziffert. Sie bleibt mit 955 Mio. t rund 15 Mio. t hinter der Rekordernte des Vorjahres zurück. Der globale Angebotsüberschuss wächst auf 172 Mio. t (VJ 164 Mio. t). Das ist der höchste weltweite Angebotsüberschuss bei Mais seit 15 Jahren.
Auch bei der Sojabohne steigt die weltweite Produktion auf ein Rekordniveau von 284 Mio. t. Weil gleichzeitig der Verbrauch zunimmt, wachsen die Endbestände "nur" auf 28 Mio. t (VJ 26 Mio. t). Bei der Bohne bleibt unterm Strich die weltweite Versorgungssituation angespannt.
In Europa ist die Maisaussaat mittlerweile abgeschlossen. Insgesamt wird von einer Flächenreduktion um 2 Prozent ausgegangen. Bei durchschnittlichen Erntemengen gehen Marktbeobachter von einer ähnlichen Produktionsmenge wie im Vorjahr aus.
Analysten der Alfred C. Toepfer International GmbH beschreiben, dass in Deutschland die Witterung bisher optimal verlaufen sei. Sofern sich die Witterung im Juni mit regelmäßigen Regenschauern und moderaten Temperaturen fortsetzt, sind das für die Kornfüllungsphase optimale Voraussetzungen
Für die Saison 2014/15 wird mit einem hohen Exportpotenzial von 161 Mio. t aus der EU, der Ukraine, Russland und Kasachstan gerechnet. Für die EU rechnen Experten mit Exporten von 27,5 Mio. t (VJ 30 Mio. t). Aus Algerien, Marokko, Iran und Saudi Arabien wird eine weiterhin hohe Nachfrage an Qualitätsweizen vermutet.
Die Weizen- und Gerstenernte aus den früh exportierenden Regionen Europas dürfte, so wie es jetzt aussieht, komfortabel ausfallen. Außerdem gibt es noch große Reserven aus Kanada, welche die Versorgung am Weltmarkt – trotz einer vermutlich geringeren Weizenernte in den USA – ausgleichen könnten. Beim Mais sind die Sommermonate Juli und August entscheidend. Aufgrund der hohen Aussaatflächen gibt es auch hier keine Befürchtungen über Versorgungsengpässe.
Der US-Weizenpreis an der Börse in Chicago (CBOT) steht vor dem stärksten Monatsverlust seit drei Jahren. Analysten rechnen deshalb mit einer technischen Gegenreaktion auf das aktuelle Preisgefälle. Den Kassamarkt in Deutschland dürfte das kaum berühren. In Anbetracht hoher Ernteerwartungen halten die Mühlen und Mischer die Füße still, um von niedrigeren Erntepreisen zu profitieren. Vorläufig sieht es so aus, dass diese Strategie aufgeht.
Brigitte Braun-Michels