Weizen rauscht ins Vorerntetief
Regen lässt hohe Ertragserwartungen aufkeimen/ Preise von 180 €/t an der Börse sind denkbar
Auch zu Wochenbeginn zeigen die Notierungen in Paris (Nyse, Euronext) eine rote Farbe, obwohl die Vorgaben aus Übersee fehlen - in den USA ist Feiertag. "Schuld" bleiben in erster Linie die Wettermärkte.
Bis zum Ende der letzten Woche ist die Weizennotierung in Chicago (CBOT) weiter gesunken. Vom letzten Hoch im Mai sind die Preise insgesamt um 10 Prozent geschrumpft. Börsianer nennen als Grund das verminderte Exportgeschäft der Amerikaner, weil Weizen aus Russland und Europa billiger zu haben ist. Außerdem haben anhaltende Regenfälle im mittleren Westen die Lage entschärft. In der letzten Einschätzung des US-Ministeriums wurden allerdings nur 12 Prozent der jungen Weizenpflanzen als gut eingestuft. Inwieweit der Regen die beschädigten Pflanzen noch "retten kann" bleibt abzuwarten.
Auch für Europa und die Schwarzmeerregion ist das Wetter vorteilhaft ausgefallen. Das russische Landwirtschaftsministerium hat in seiner letzten Prognose die dortige Getreideernte für die bevorstehende Saison auf 100 Mio. t (vorher 95 Mio. t) heraufgesetzt. Davon dürften allein 60 Mio. t auf Weizen entfallen. Die Nachrichtenagentur Reuters beziffert die europäische Weizenernte auf 137,5 Mio. t. Verantwortlich dafür sind die deutlich ausgeweitete Anbaufläche in Großbritannien und eine gute Ernteerwartung für Weizen in großen Anbauländern wie Frankreich und Deutschland.
Die Getreideleitkultur Mais hat sich ebenso wieder etabliert. In Deutschland wird nach dem Anbaurückgang von 2013 mit einer Rekord-Silomaisfläche von 2,14 Mio. ha gerechnet. Die Aussaat von Körnermais einschließlich Corn-Cob-Mix (CCM) beziffert das Statistische Bundesamt in Deutschland auf 510 000 ha. Sommergerste bleibt mit 360 000 ha auf Vorjahresniveau. Den Winterweizenanbau in Deutschland beziffern die Statistiker auf 3,15 Mio. ha.
Die Meldung, dass die politische Situation in der Ukraine die Weizenlieferungen behindert, hat inzwischen auch an Schrecken verloren. Die Wahl konnte die Gemüter "vorerst" beruhigen und Marktbeteiligte gehen von einem unbehelligten Getreidewarenfluss aus. Nicht umsonst hat sich der bisher stabile Weizenmarkt in einen Abwärtstrend begeben. Chartanalysten der Firma Kiefer sehen die nächste Unterstützung für die Weizenpreise an der Matif bei 182,5 €/t. Bei der Commerzbank rechnen Commoditie-Spezialisten bis Ende 2014 mit einem (B-)Weizenpreis an der Matif vom 185 €/t. Bis jetzt sind die Signale für die Weizenernte auf breiter Front gut. Ware aus der alten Ernte, zur Anschlussicherung, ist in Kanada und den USA noch reichlich verfügbar. Wenn die Ernte so ausfällt, wie es sich jetzt abzeichnet, könnte es sogar wieder zu einem leichten Aufbau der Bestände kommen.
Erzeuger, die sich bisher noch mit der Weizenvermarktung zurückgehalten haben, können mit einem Vorerntetief rechnen. Das dürfte sich, nach gängigen Markterfahrungen, erst wieder entspannen, wenn das Exportgeschäft im Herbst erneut anläuft.
Brigitte Braun-Michels