Verkäufer können ihre Weizenpreise nicht durchsetzen
Geld- und Briefkurse liegen mit 10 €/t für Handelsabschlüsse zu weit auseinander / Verarbeiter setzten weiter auf gedämpfte Notierungen
Der neue Bericht aus dem amerikanischen Landwirtschaftsministerium (USDA), der Ende letzter Woche erschienen ist, brachte keine großen Neuigkeiten. Beim Getreide gab es kleine Aufwärtskorrekturen.
Die Weizenernte wurde in der Europäischen Union und in Kanada für die laufende Saison 2013/14 leicht nach oben korrigiert. Das globale Weizenangebot beläuft sich deshalb jetzt auf 708,89 Mio. t. Das ist eine Steigerung von acht Prozent gegenüber der Schätzung des Vormonats. Bei einem höheren weltweiten Verbrauch steigen die Endbestände nur leicht (plus 3 Mio. t) auf 176,28 Mio. t an.
Beim erwarteten weltweiten Maisaufkommen traf die Vorabprognose nicht zu. Trotz vermuteter Trockenheitsschäden hat das US-Ministerium die US-Maisernte um rund zwei Mio. t angehoben, auf 351,64 Mio. t. Die globalen Endbestände erhöhen sich um 1,25 Mio. t auf 151,42 Mio. t. In der vergangenen Saison waren die weltweiten Endbestände beim Mais, durch die Ausfälle in den USA, auf etwa 123 Mio. t abgebaut worden. Fachleute sehen die aktuelle Schätzung der US-Maisernte als zu optimistisch an und rechnen im Oktoberbericht des Ministeriums mit einer Abwärtskorrektur.
Die Börsen lassen sich durch die US-Zahlen nur begrenzt aus dem Gleichgewicht bringen. Dass weltweit die Ernten in dieser Saison höher ausfallen, ist längst verdaut und unterm Strich folgen die Weizen- und Maiskurse einem Seitwärtstrend, allerdings mit leichtem "Blick" nach unten. Gibt es vor diesem Hintergrund überhaupt eine Chance für steigende Getreidepreise?
Richten wir unser Augenmerk auf das Verhalten der Verarbeiter, scheint die Antwort klar. Seitdem eine weltweite gute Ernte publik wurde, leben Mühlen und Mischer hierzulande von der Hand in den Mund. Handelsbeteiligte beschreiben den Markt derzeit als vollkommen leblos. Am Hamburger Hafen werden zwar Altkontrakte abgewickelt; das Neugeschäft lässt auf sich warten. Am internationalen Markt kommt derzeit vor allem die Schwarzmeerregion zum Zuge, die sich mit Weizen platziert, der etwa 10 Dollar billiger ist als EU-Weizen. Franko (angeliefert) Hamburg wird B-Weizen um 187 €/t und A-Weizen um 189 €/t besprochen. Die E-Weizenkurse liegen um 200 €/t. In Mitteldeutschland bieten Käufer für A13 Weizen rund 180 €/t und für Futterweizen 176 €/t franko. Verkäufer wollen etwa 10 €/t mehr für ihre Ware erzielen und so sitzen beide Lager ihre Position aus. Teuer eingekaufter E-Weizen für italienische Mühlen wird, wegen beschränkter Kleberqualität, regelmäßig gestoßen. Abnehmer suchen E-Weizen allenfalls für 180 €/t ab mitteldeutscher Station und werden dafür nicht fündig.
Auf der anderen Seite zeigt sich bei den Verbrauchszahlen eine kontinuierliche Steigerung, sowohl beim weltweiten Weizenkonsum wie auch der Nachfrage nach Mais. Die Gründe sind bekannt: Eine wachsende Bevölkerung und ein steigendes Bruttosozialprodukt sowohl in China wie auch Indien. Daran wird sich auch in Zukunft nichts ändern. Trotz hoher Produktion bleibt Getreide auf dieser Welt dauerhaft gefragt und knapp. Und in knapp versorgten Märkten zeigen kleine Veränderungen bekanntlich große Wirkung. Revisionen der sehr optimistisch eingeschätzten Maisernte könnten in den nächsten Wochen das Zünglein an der Waage sein. Vorerst bleibt es aber dabei, dass den Märkten die richtige Kraft für Aufwärtsimpulse fehlt.
Brigitte Braun-Michels