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Rohstoffpreise beruhigen sich

Markt und Meinungen
24.09.2012

Anleger nehmen positive Preisphantasien zurück / Stabiler Seitwärtstrend bleibt erhalten.

Nach einer rasanten und stabilen Entwicklungsphase zeichnet sich für den gesamten Rohstoffkomplex eine Konsolidierung ab. Anleger nehmen jetzt Gewinne mit. Das ist ein klassisches Phänomen und geht auch an den Agrarrohstoffen nicht vorbei.

Auswertungen der US-Börse zeigen, dass bei den wichtigen ackerbaulichen Leitkulturen, also Mais, Weizen und Soja die Netto-Long-Positionen in der letzten Woche zurückgegangen sind. Das deutet darauf hin, dass die Finanzanleger ihre Preisphantasien für die nahe Zukunft zurück geschraubt haben, ohne aus dem stabilen Seitwärtstrend auszubrechen.

Einer der Gründe sind Befürchtungen, die Nachfrage könnte „unter den hohen Preisen leiden“. Beim Mais zeichnet sich dieser Trend, wie schon beschrieben, von Seiten der Ethanolindustrie ab. Außerdem sorgen positive Erntemeldungen und Exporte aus der Ukraine für Entspannung am Weltmarkt.

Der Bohne treibt der jüngste Bericht des Ölsaatenanalysten Oil World Sand ins Preisgetriebe. Die Fachanalysten rechnen nämlich für die Saison 29012/13 mit einer um 3 Mio. t verringerten Sojabohnennachfrage. Gründe sind vermutete Nachfragerückgänge aus der Tierproduktion für die Verfütterung, sowie ein verminderter Einsatz in der Biodieselproduktion. Die weltweiten Endbestände könnten sich dann zwar auf 56 Mio. t erholen, bleiben aber nach wie vor knapp.

Bei Weizen sorgen die Spekulationen auf einen möglichen russischen Exportstopp dafür, dass der Abwärtstrend abgemildert wird.

Am Kassamarkt bleibt die Nachfrage verhalten. Norddeutsche Händler berichten, dass der internationale Exportmarkt für deutsche beziehungsweise europäisches Getreide momentan wenig Absatzquellen liefert. Nach wie vor wird die Nachfrage durch russischen und ukrainischen Weizen zu günstigen Preisen bedient. Auch die Mühlen und Mischer halten sich derzeit mit Käufen zurück.

An einem mangelnden Angebot aus der Landwirtschaft kann das nicht liegen. Vor allem im Norden sind schon große Teile der Ernte verkauft. Der Handel schätzt, dass Gerste durch die hohen Erntepreise schon fast vollständig vermarktet ist. Das gleiche trifft für die Rapsernte zu. Nur noch 20 bis 30 Prozent des Weizens dürften in der Lägern der Landwirtschaft liegen, wird vermutet. Selbst die Weizenernte 2013 ist im Norden schon mit 20-25 Prozent zu einem ungewöhnlich hohen Anteil preislich fixiert.

In Mitteldeutschland wird die Lage ähnlich beurteilt. Lediglich beim Weizen werden höhere Lagerbestände von rund 50 Prozent der Erntemenge vermutet. Im Süden wird der Anteil an Lagerware in der Landwirtschaft insgesamt höher eingeschätzt. Eine Ursache ist die Preisdifferenz zu den verbrauchsnahen Standorten.

Betriebswirtschaftlich haben die Erzeuger sich richtig verhalten, wenn sie im Zuge des Verkaufs ihrer Ernte gleichzeitig die Betriebs- und Düngemittel eingekauft oder preislich fixiert haben. Viele Erzeuger verfahren mittlerweile so und greifen damit messbare Erlöse ab. Wenn Erzeuger an Teilen ihrer Ware als Sicherheit festhalten, weil sie eine inflationäre Entwicklung befürchten, ist das ein ebenso nachvollziehbares Argument.

Optimisten, die an Ware festhalten, weil sie auf weiter steigende Kurse setzen, sollten nicht übersehen, dass die Getreidepreise seit der Ernte auf nahezu gleichen Niveaus im Seitwärtstrend pendeln. In diesen stabilen Seitwärtstrend sind Währungsschwankungen, Wetterfolgen, wie Trockenheit und enge Bilanzen allesamt eingeflossen. Wer zur letzten Gruppe gehört, muss sich die folgende Frage gefallen lassen: Was kann überhaupt noch passieren, um den Preisen erneut einen richtigen Aufwärtshieb zu geben?

 

Brigitte Braun-Michels