Rein in die Kartoffeln, raus aus den Kartoffeln!
Preiskorrektur folgt prompt Erholung / Märkte bleiben bei knappen Bilanzen fest
Nachdem die Agrarcommodities zum Wochenende durch die Bank „Luft geholt“ haben, zeichnet sich zu Beginn dieser Woche wieder eine freundliche Tendenz ab. Grund für die Verschnaufpause: Gewinnmitnahmen und schlechte US-Exportraten, die sich von der Börse in Chicago (CBOT) auf die Pariser Notierungen (Nyse, Euronext) am Freitag niedergeschlagen haben. Zu Wochenbeginn helfen positive chinesische Konjunkturdaten den Rohöl- und Ölsaatenkursen wieder auf die Sprünge. Beim Weizen sorgen die anhaltende Trockenheit in den USA und ungünstige Wachstumsbedingungen für Mais in Argentinien für grüne Vorzeichen. Ohnehin finden Marktteilnehmer derzeit kaum Gründe, die Preise schlecht zu reden.
Der internationale Getreiderat (IGC) hält in seinem neuesten Marktreport für Weizen und Mais an den knappen Versorgungszahlen des Vormonats fest. Aufgrund der hohen Preise wird mit einer Ausdehnung der Weizenanbaufläche zur kommenden Saison von schätzungsweise 2 Prozent gerechnet.
EU-Weizenexporte florieren. Im Vergleich zum Vorjahr liegt das Exportvolumen mit 7,3 Mio. t knapp eine Mio. t über dem gleichen Zeitraum des Vorjahres.
Auch am deutschen Kassamarkt berichten norddeutsche Händler über anhaltend hohe Weizenausfuhren. Bei den Notierungen wird für B-Weizen mit rd. 280 €/t franko Hamburg (frei Lager) ein Aufgeld von rd. 10 €/t zur Pariser Börsennotierung (Nyse, Euronext) gezahlt. Am Binnenmarkt dürfte die Nachfrage zu Beginn 2013 wieder einsetzen.
Handelsbeteiligte in Mitteldeutschland vermuten, dass die Mischfutterindustrie noch Anschlussmengen braucht und die Mühlenindustrie erst 50 Prozent des Bedarfes für diese Saison gedeckt hat. Die B-Weizenpreise schwanken hier zwischen 260 und 280 €/t. In Süddeutschland zeichnet sich ein ähnliches Bild ab. Makler berichten, dass mehr Ware als im Vorjahr Richtung internationale Exportmärkte und nach Italien geflossen ist. Die B-Weizenpreise bewegen sich im Süden um 270 €/t franko. Futterweizen wird rund 5 €/t schlechter bepreist. Sollte die Nachfrage im zweiten Halbjahr der Saison 2012/13 anhalten wie bisher, dürfte der Anschluss an die neue Ernte versorgungstechnisch knapp werden. Darin sind sich die Handelsbeteiligten durch die Bank einig. Einschränkungen bei der südamerikanischen Ernte und Winterfolgen beim europäischen Getreide könnten den Weizenpreisen zusätzliches Aufwärtspotenzial bieten.
Auf der anderen Seite bleibt abzuwarten, ob die Warenströme am internationalen Markt anhalten oder die Konkurrenzfähigkeit am hohen europäischen Preisniveau scheitert. EU-Weizen kostet mittlerweile am internationalen Markt 360 USDollar und ist damit deutlich teurer als US-Weizen (320 USDollar).
Auch von Seiten der Mischfutterindustrie könnte es zu rückläufigem Bedarf kommen, wenn inländische Mäster im Frühjahr und Sommer 2013 wegen hoher Futterpreise keine Schweine einstallen.
Die Winterruhe, die Erzeuger eingeläutet haben, bleibt bisher ohne Folgen. Vieles spricht für ein festes Preisniveau. Deshalb macht es durchaus Sinn, Winterfolgen abzuwarten und die Vermarktung alter Bestände und neuer Ware ab Januar wieder in Augenschein zu nehmen. Vorsicht bleibt geboten. Knappe Ware ist kein sicheres Argument für weitere Preissteigerungen. Schon jetzt liegen die Getreidepreise auf überdurchschnittlich hohem Niveau.
Brigitte Braun-Michels