Rapsernte startet mit gedämpften Preisen
Ölsaatenmärkte bleiben durch hohe Ernteerwartungen gedrückt / Risikobereitschaft überdenken
Von dem kleinen Höhenflug, den die Sojabohnennotierungen für spätere Termine an der Börse in den USA (CBOT) zum Wochenende erlebt haben, konnten die Rapsfutures an der Pariser Matif (Nyse, Euronext) nicht profitieren. Seit Wochen bleiben die Kurse unter Druck, und vorerst ist kein Ende abzusehen. Zu Wochenbeginn schreiben die Agrarfutures „hüben und drüben“ wieder rote Zahlen.
Erinnern wir uns: Nachdem die Amerikaner im letzten Jahr mit einer „Missernte“ von rd. 80 Mio. t die Vorreiterrolle im weltweiten Ölsaatenexport an Brasilien und Argentinien abgeben haben, sind die Preise an der Ölsaatenleitbörse in die Höhe geschnellt. In dieser Saison hat sich das Blatt wieder gewendet. Mit 93 Mio. t geschätzter Produktion an Sojabohnen läuft die US-Produktion wieder zu Höchstform auf, und bisher scheint der günstige Witterungsverlauf diese hohen Schätzungen zu untermauern. Die amerikanischen Bohnenendbestände können sich im Vergleich zum Vorjahr mit rd. 8 Mio. t mehr als verdoppeln. Brasilien steigert die geschätzte Produktionsmenge in dieser Saison 2012/2013 von 82 auf 85 Mio. t, wenn die Witterung keinen Strich durch die Rechnung macht.
Ein ähnliches Bild zeichnet sich für die Ölsaatenproduktion in Europa ab. Mit 21 Mio. t geschätzter Rapssaatproduktion baut die EU die weltweite Vorreiterrolle in der Rapsproduktion vor Kanada (14,6 Mio. t) weiter aus. Zwar bleibt die europäische Rapsbilanz weiterhin knapp. Dennoch reichen höhere europäische Ernteerwartungen aus, dem Aufwärtstrend den Garaus zu machen.
An der Pariser Matif (Nyse, Euronext) haben die Kurse seit Sommer vergangenen Jahres die Marke von 500 €/t überschritten und sind noch bis zum Mai 2013 kaum davon abgewichen. Erzeuger, die sich auf eine Risikoverteilung beim Verkauf ihrer Produkte „eingeschossen“ haben, nutzten die Gunst der Stunde und haben ein Drittel der Ernte 2013 im Vorvertrag verkauft. Andere blieben zu „risikofreudig“. Wer weiter gepokert hat, dass die Rappreise erneute Spitzen toppen, und mit seinen Preiserwartungen nicht „auf dem Teppich geblieben ist“, dem dürften bei der aktuellen Entwicklung die Tränen in den Augen stehen. Allein in den letzten fünf Tagen haben die Rapsfutures in Paris 20 €/t verloren und notieren zu Beginn dieser Woche für den Augusttermin um 350 €/t.
Sobald die Regenpause in Deutschland beendet ist, dürfte der großflächige Rapsdrusch in Deutschland starten. Die Union zur Förderung von Öl- und Proteinpflanzen (UFOP) erwartet mit 5,4 Mio. t in Deutschland eine im Vergleich zum Vorjahr um 0,6 Mio. t höhere Ernte. Der Ertrag wird mit 3,8 t/ha als durchschnittlich eingeschätzt. Für die Ernte notiert Raps franko Ölmühle auf Matif-Niveau. Ab Herbst liegen die Aufschläge im Durchschnitt bei 10 €/t.
Vorerst ist kein Licht am Ende des Preistunnels zu sehen. Allerdings scheint sich allmählich eine Talsohle abzuzeichnen, so dass zumindest die kurzfristige Zwischenlagerung für den Raps in diesem Jahr lohnen könnte. Von Erzeugern, die in dieser Saison beim Verkauf zu risikofreudig waren und die Füße still gehalten haben, kann die aktuelle Preisentwicklung als erneutes Lehrstück verstanden werden.
Brigitte Braun-Michels