Märkte kennen nicht nur eine Richtung
Preise für Weizen und Co. machen Verschnaufpause/ Tiefpunkt scheint nahezu erreicht
Sowohl die Weizen- wie auch die Ölsaatenkurse haben in der letzten Woche kräftig Federn gelassen. Technische Faktoren und das Wetter haben dem Aufwärtstrend vorerst ein Ende gesetzt. Der Kassamarkt ist, bei rückläufigen Preisen, zum Erliegen gekommen.
An der amerikanischen Börse in Chicago (CBOT) hat der Weizenpreis den stärksten Preisrückgang eines Monats seit September 2011 zu verzeichnen. Durch den starken Preisrückgang hat sich die Wettbewerbsfähigkeit von US-Weizen am internationalen Markt weiter verbessert. Dementsprechend ist das Exportvolumen von US-Weizen ausgedehnt worden, zum Teil auf Kosten von EU-Weizen. Qualitätsweizen aus der EU mit über 12% Protein bleibt währungsbedingt gegenüber US-Weizen jedoch im Preisvorteil.
Weizen hat an der Pariser Euronext vom Höchstpreis Anfang Januar rund 15 €/t verloren. Zu Beginn dieser Woche liegen die Weizennotierungen unter 185 €/t für März 2015. Eingeleitet wurde der Preisrückgang durch schwächere Preisvorgaben aus den USA. Internationale Analysten führen die Preisflaute darauf zurück, dass die hohe globale Verfügbarkeit jetzt wieder in den Fokus rückt und die Wettermärkte aktuell positiv verlaufen. In den USA schützt eine Schneedecke die Kulturen vor Folgen möglicher Winterfröste. In Südamerika sorgen Regenfälle dafür, dass hohe Ernteerwartungen nach wie vor Nahrung erhalten.
Lokale Analysten gehen davon aus, dass Exportembargos und die verknappte Verfügbarkeit von Weizen aus der Schwarzmeerregion inzwischen eingepreist sind. Um die Feiertage hatten die Nachrichten aus Russland hohe Einkaufswellen nach sich gezogen, welche die Preise kräftig gestützt haben, wird die Entwicklung nachhaltig beschrieben. Märkte kennen aber nicht nur eine Richtung. Und nach kräftigen Aufwärtsbewegungen, die bei über 200 €/t in Paris charttechnisch auf einen Widerstand gestoßen sind, war Gegenwind in Form einer technischen Korrektur vorprogrammiert. Mittlerweile scheint der Preisboden beim Weizen aber wieder erreicht zu sein, sind sich Marktbeteiligte einig. Zwischen 180 bis 185 €/t wird eine Unterstützungslinie gesehen.
Am deutschen Kassamarkt ist das Handelsgeschehen mit einsetzendem Preisrückgang nahezu zum Erliegen gekommen. Zu „besten“ Zeiten wurden für A-Weizen franko (angeliefert) Hamburg bis zu 210 €/t realisiert. Jetzt werden noch um 190 bis 195 €/t für A-Weizen Basis Hamburg geboten. Die weitere Preisentwicklung steht in den Sternen. Vorerst dürfte das Preispulver nach oben verschossen sein und viele Erzeuger haben die Gunst der Stunde genutzt, um sich von Lagerpartien aus der vergangenen Ernte zu trennen. Jetzt geht es wieder darum, den Markt gut zu beobachten. Anhaltendes Exportgeschehen aus der EU dürfte vorerst einen weiteren Preisverfall behindern. In den USA ist Weizen mit 500 US-Cents je Scheffel verhältnismäßig billig. Hier wird neues Kaufinteresse erwartet. Preisimpulse von Übersee scheinen damit vorprogrammiert zu sein. Neues Futter können Wettermärkte in den nächsten Wochen bieten. Bleiben diese aus, dürfte die laufende gute Ernte in Südamerika eher die Marktpessimisten unterstützen.
Erzeuger, die nach wie vor Erntereste aus 2014 vermarkten müssen, sollten den nächsten Impuls nutzen, sich weiter von Ware zu trennen. Auch der Blick auf die Vermarktung der Ernte 2015 macht Sinn. Märkte verlaufen nicht nur in eine Richtung, wie die Erfahrung zeigt. Aufwärtsimpulse mitzunehmen, die kostendeckend sind, hat sich immer als richtige Wahl erwiesen.
Brigitte Braun-Michels