Kosten kennen – Gewinne mitnehmen
Preisauftrieb steht auf wackeligen Füßen/Märkte werden technisch gestützt/ Witterung entscheidet maßgeblich über den Preisverlauf bis zum Sommer 2015
Bei den Agrarcommodities startet die Woche mit grünen Vorzeichen. Besonders bei den Weizennotierungen hält die aufwärts gerichtete Tendenz an. Die Rapskurse knacken in Paris die Marke von 340 €/t nach oben.
In den USA sorgen frostige Temperaturen im mittleren Westen dafür, dass die Erwartungen an die Erntemengen beim Weizen zur kommenden Saison geschmälert werden. Bei schwachem Euro floriert das Exportgeschäft aus der EU. Außerdem wird befürchtet, dass im Schwarzmeerraum Geld für ausreichende Düngung und Pflanzenschutz fehlt. An der Pariser Euronext wandern die Notierungen für Januar 2015 in Richtung 180 €/t. Die Weizenernte 2015 wird mit rd. 190 €/t bewertet. In Deutschland fehlt es an Logistik, von den Verarbeitern benötigte Weizenpartien "an den Mann" zu bringen, weil eine große Zuckerrübenernte und die laufende Maiskampagne Kapazitäten beanspruchen. Das "fördert" die Kursentwicklung am Kassamarkt. A-Weizen liegt franko Rheinland und Westfalen mit Aufschlägen bei 205 €/t und E-Weizen bei 230 €/t. Erste Mühlen signalisieren, dass die aktuellen Preise zu hoch sind und ziehen sich vom Markt zurück. B-Weizen bewegt sich franko (angeliefert) Westfalen und Südoldenburg zwischen 165 und 167 €/t.
Am Rapsmarkt ist die Preisentwicklung bei der Sojabohne "kriegsentscheidend". Ralf Häntzschel von der Rheinagrar GmbH erklärt, dass Niederschläge zu einer verzögerten US-Sojabohnenernte geführt hätten. Bei anhaltender Bohnennachfrage aus dem asiatischen Raum käme es zudem zu logistischen Problemen. Die US-Farmer würden die Situation ausnutzen und Ware clever zurückhalten. "Das führt in Summe, trotz einer sehr guten Versorgung mit Bohnen, zu einer kurzfristigen Verknappung an Ware," gibt der Börsenmakler zu bedenken. Die Preise würden rein "technisch" stabilisiert.
Insgesamt spricht bei den Ölsaaten das gesamte Marktumfeld für eine schwache Preistendenz. Der Markt für Sojabohnen bleibt weltweit gut versorgt. Auch der mit den Ölsaaten korrelierende Rohölmarkt "schwächelt" vor sich hin. Im Vorfeld der Opec-Sitzung wird zwar darüber spekuliert, die Ölfördermengen zu reduzieren, um das Ölangebot im nächsten Jahr zu verknappen. Analysten gehen aber davon aus, dass dadurch allenfalls ein weiterer Preisverfall beim Rohöl verhindert wird. Hauptgrund für das Überangebot am Rohölmarkt ist das Fracking in den Vereinigten Staaten. Bei dieser Methode wird Öl dadurch gewonnen, dass Schiefergestein mit einer Mischung aus Wasser und Chemikalien aufgesprengt wird. Durch diese zusätzliche Ölförderquelle sind die Vereinigten Staaten zum weltweit größten Ölförderer aufgestiegen. Vorerst dürften die zusätzlichen US-Mengen die Ölpreise deckeln.
In Europa und Deutschland wurde bekanntermaßen eine große Rapsernte eingefahren, die ebenso keine dauerhaft hohen Preise rechtfertigen dürfte. Der Markt für Biodiesel liegt bei niedrigen Rohölpreisen am Boden, so dass auch diese Absatzquelle fehlt. Unterstützend wirkt die Verkaufszurückhaltung der landwirtschaftlichen Erzeuger und Lagerhalter.
Wie lange "technische" Faktoren den Markt stabilisieren, ist offen. Makler Häntzschel beschreibt, dass derzeit 80.000 t Canolaraps für den europäischen Markt verladen werden. Im frühen 2015 dürften weitere Raps- und Ölsaatenlieferungen aus Kanada, Australien und Südamerika folgen. Dann könnten die Preise einen bösen Dämpfer erhalten. Lediglich ein strenger Winter kann dem entgegen wirken.
Die passende Verkaufsentscheidung bleibt in der Hand der Landwirte: Kosten kennen und Gewinne mitnehmen bleibt in Summe das profitabelste Motto.
Brigitte Braun-Michels