Gute Erntenachrichten drücken weiter
Vor allem Ölsaaten bleiben unter Preisdruck
Die Nachrichten über gute weltweite Ernten reißen nicht ab. Jetzt hat der Internationale Getreiderat (IGC) der weltweiten Versorgungslage mit landwirtschaftlichen Rohstoffen, Getreide und Co. noch eins draufgesetzt. Die Börsennotierungen bleiben in Folge unter Druck. In Paris (Nyse, Euronext) profitieren die Kurse von anhaltend guten Exporten.
Die weltweite Weizenernte hat der IGC jetzt auf 717 Mio. t erhöht. Die Endbestände wachsen auf 195 Mio. t an. Das ist der höchste Stand seit fünf Jahren. Zwar wird in Nordamerika und in Australien weniger geerntet als vor einem Jahr – jedoch gleichen Europa, die frühere Sowjetunion und China dies mehr als aus.
Die Maisproduktion liegt mit 974 Mio. t "nur" 1 Mio. t über der Schätzung des Vormonats des IGC. Die weltweiten Überhänge wachsen ebenso um 1 Mio. t auf 191 Mio. t. Die rekordhohe Sojabohnenernte bringt den Ölsaatenmarkt weiterhin unter Druck. Weltweit steigt die Sojabohnenproduktion, laut IGC, um weitere 6 Mio. t. Bei anhaltend hohem Bedarf wachsen die Endbestände nur um 1 Mio. t auf insgesamt 39 Mio. t.
Seit Wochen drücken die Mitteilungen über rekordhohe Ernten auf die Notierungen in Chicago (CBOT). Der starke US-Dollar verschärft den Preisrückgang, weil die internationalen Exporte hierdurch beeinträchtigt werden. Der Weizenpreis ist in Chicago auf ein 4-Jahrestief gefallen. In Paris werden mit rund 150 Euro pro t die niedrigsten Stände seit vier Jahren markiert.
Ähnlich sieht die Preissituation am Ölsaatenmarkt aus. Hier verschärfen politische Faktoren das Preisdrama. China, der weltweit größte Bohnenimporteur, hat die Importerlaubnis für zwei genveränderte Sorten ausgesetzt. Da in den USA zu 93 Prozent genveränderte Sojabohnensorten angebaut werden, ist der Markt durch eventuell eingeschränkte Importe zusätzlich verunsichert. Die Bohnenkurse starten mit diesen Vorgaben weiter Rot in die Woche. Im Gefolge haben die Rapspreise in Paris die Marke von 320 €/t nach unten gerissen. Für den November liegen die Notierungen jetzt bei 315 €/t.
In der EU bleiben Qualitätsweizenaufschläge an der Tagesordnung, weil mehr Futterweizen geerntet wurde. Am Kassamarkt „profitieren“ die Notierungen vom im Vergleich zur US-Währung schwachen Euro. Der hilft europäischen Getreideexporten am internationalen Markt wettbewerbsfähig zu sein. Franko (angeliefert) Hamburg wird B-Weizen zu Beginn dieser Woche mit 164 €/t bewertet. A-Weizen notiert um 170 €/t. Im Süden (fko Würzburg) ist B-Weizen 10 €/t billiger als im Norden. Für E-Weizen kann im Raum Thüringen noch knapp 200 €/t erzielt werden.
Früh gesätes Getreide und Raps hatten in Deutschland gute Aussaatbedingungen. Auch hier bleiben Preisimpulse aus. Vermutlich ist die Rapsfläche im Vergleich zum vergangenen Jahr leicht zurückgenommen worden, vermuten Analysten von ADM Deutschland. Als Grund werden Fruchtfolgerestriktionen und das zur Aussaat schlechte Preisverhältnis zum Weizen genannt. Zu den hohen Erntemengen, die in dieser Saison dafür sorgen, dass Agrarcommodities (Ausnahme Kaffee) preislich gewaltig unter Druck gekommen sind, kommt die schlechte Stimmung am gesamten Rohstoffmarkt. Zum Beispiel sind auch die Preise für Rohöl auf dem niedrigsten Stand seit zwei Jahren. Als Grund nennen Rohstoffanalysten Sorgen um die konjunkturelle Entwicklung in Europa und in China.
Es bleibt dabei, vorerst ist längeres grünes Licht für die Preise am Rohstoffmarkt nicht zu erwarten.
Brigitte Braun-Michels