Großer Preisdruck vom Mais bleibt aus
Weizenpreise erklimmen in Paris wieder die 160 €-Marke/ Körnermaisernte liegt unter den Erwartungen
An den Börsen für Agrarcommodities herrscht ein reges Treiben. Gewinne werden abgegeben und aufgebaut. Um dann wieder im Tal der Tränen zu versinken. Mittlerweile zeichnet sich ab, dass der Preisboden erreicht wurde. Zusätzlicher Preisdruck durch die neue Maisernte scheint auszubleiben.
Seit August haben die Weizenpreise an der Pariser Matif 20 €/t verloren. Ständig sich verstärkende Hiobsbotschaften über weltweite Spitzenernten haben den Preisen das Garaus gemacht. Den Tiefpunkt hatte B-Weizen an der Pariser Matif (Euronext) am 22. September mit rund 150 €/t erreicht. Seitdem haben die Notierungen, trotz hoher Produktionsmengen weltweit, wieder 10 €/t wettmachen können. Europäischer Weizen hat vom guten Währungsverhältnis Euro zu Dollar profitiert und konnte am internationalen Exportmarkt punkten. Den letzten Auftrieb vom Wochenende führen Analysten auf Markttechnik und das kurzfristige Eindecken mit Shortpositionen von institutionellen Anlegern zurück.
Die bombige europäische Maisernte, so vermuteten Marktteilnehmer durch die Bank, sollte die Notierungen endgültig in die Knie zwingen. Das hat sich nicht bestätigt. Die niedrigen Maispreise haben dazu geführt, dass angehender Körnermais gleich gehäckselt für Maissilage oder Biogasanlagen verwendet wird. Die große Körnermaisernte, die den Futtergetreidemarkt und damit auch die Weizenpreise in den Grund ziehen sollte, bleibt aus. In Deutschland dürften 70 Prozent der Maisbestände geerntet sein. Von der gesamten Ernte werden normalerweise 30 bis 40 Prozent als Körnermais eingebracht. In dieser Saison dürfte sich diese Zahl gewaltig vermindern.
Auch der Blick auf die neue Ernte erscheint hoffnungsvoll im Hinblick auf die Preisentwicklung. In der Ukraine wird befürchtet, dass die politischen Unruhen und daraus resultierende Inflation die Ernteergebnisse zur kommenden Saison schmälern könnten. Grund: Kraftstoff, Düngemittel und Pflanzenschutz rechnen sich nicht mehr. Zur laufenden Saison wurden in der Ukraine im Durchschnitt rund 40 dt/ha Getreide geerntet.
Am Kassamarkt werden die Preise durch "künstliches Verknappen" stabilisiert. Landwirtschaftliche Erzeuger tun sich nach wie vor schwer, Weizen auf dem aktuellen Preisniveau zu vermarkten. "Liquidität auf den Betrieben ist aus dem Verkauf von Gerste und Raps vorhanden", erklären Marktbeteiligte das Aussitzen der niedrigen Preise. Für die Verarbeiter scheint allmählich die Luft dünn zu werden. Spätestens ab Januar wird neue Ware gebraucht.
Die Schere zwischen Geld- und Briefkursen ist weit geöffnet. In Norddeutschland wollen Landwirte für A-Weizen 180 €/t realisieren. Händler bieten 165 €/t. Franko (angeliefert) Hamburg wird A-Weizen für Januar um 173 €/t notiert, franko rheinische Mühle um 184 €/t Basis Januar. B-Weizen ist rund 10 €/t billiger.
Im Süden liegen die Einkaufgebote bei 140 bis 145 €/t für B-Weizen. Die Erzeuger wollen hier mindestens 10 €/t mehr erzielen. A13-Weizen kann im Süden um 155 €/t und A14-Weizen bis 165 €/t Abnehmer ab Hof finden, aber keine Abgeber. Trockener Mais liegt mit einem Niveau von 130 €/t ab Hof auf dem Niveau von Futterweizen.
Kurzfristig scheint den Getreidepreisen ein stabiler Trend sicher. Bedarfslücken und fehlende Qualitäten/Proteine machen nach wie vor Aufgelder möglich. Dass die Bäume in den Himmel wachsen, darf aber angesichts der weltweit guten Versorgung keiner erwarten. Vorerst scheint die Pariser Börse sich beim Weizen im Kanal zwischen 160 und 170 €/t zu halten.
Brigitte Braun-Michels