Gerste bestätigt gute Ernte und Qualitäten
Getreidemarkt muss Preiseinbußen hinnehmen
Die Gewinne, die am Getreidemarkt noch in der letzten Woche erzielt wurden, sind zu Beginn dieser Woche wieder Schnee von gestern. Der Wettermarkt hat sich beruhigt und auch die neue Schätzung des US-Landwirtschaftsministeriums (USDA) für das Erntejahr 2015/16 hat nicht für Aufregung gesorgt, im Gegenteil.
Nachdem die Weizenpreise Anfang letzter Woche in Paris (Matif, Euronext) noch auf dem Niveau von 204,25 €/t notierten, sind es zu Beginn dieser Woche 194 €/t.
Der europäische Agrarverband Copa-Cogeca hatte aufgrund der Trockenheit in weiten Teilen Europas, vor allem der Ukraine, einen Rückgang der Weizenernte für Europa von 7 Prozent prognostiziert. Mit den neuen Prognosen aus dem US-Ministerium hat sich die „Sachlage“ verändert. Weil die Nachfrage aus China zurückgenommen wird, steigen die weltweiten Weizenendbestände zur kommenden Saison um 2 Mio. t an. Die Ernten in der Schwarzmeerregion werden sogar angehoben. Kürzungen in Kanada und der EU bei den prognostizierten Weizenerträgen gleichen diese jedoch wieder aus. Die US-Weizenernte wird unverändert gut eingeschätzt, trotz Regen und vermuteter Mengen - sowie Qualitätseinbußen. Zu Beginn dieser Woche quittieren rote Zahlen in Chicago und Paris den für die Weizenpreise unvorteilhaften US-Bericht.
Bei Mais wird die niedrigere US-Aussaatfläche berücksichtigt. Außerdem fallen die Lagerbestände geringer aus, als im Juni-Bericht des US-Ministeriums. In Chicago sind die Maisnotierungen zu Wochenbeginn grün. Paris hält vorerst an negativen Vorzeichen fest und notiert mit 184,25 €/t für August rd. 6 €/t unter den Höchstwerten der Vorwoche.
Am Ölsaatenmarkt hatte der US-Bericht keine Markt beeinflussenden Neuigkeiten zu bieten. Zwar wurden die US-Endbestände an Ölsaaten leicht reduziert, blieben aber insgesamt auf hohem Niveau. Die Rapsnotierungen in Paris profitierten am Wochenende von der geschätzten kleineren EU-Rapsernte. Diese Woche scheint sich bei den Ölsaaten der Leitmarkt Bohne, mit prognostizierten weltweit guten Ernten zur laufenden Saison, durchzusetzen.
Marktbeobachter halten die US-Zahlen für zu optimistisch und gehen davon aus, dass es aufgrund nasser Wetterbedingungen in den folgenden Monaten zu Korrekturen bei der Prognose der US-Sojabohnenernte kommen wird.
Am Kassamarkt sind die Hoffnungen der Erzeuger auf stabile und steigende Getreidepreise zu Beginn der Saison 2015/16 schnell verflogen. Mitunter haben sie Werte von über 200 €/t an der Matif für weitere Vorverträge beim Weizen genutzt. Jetzt „ruht der See wieder still“! „Fünf Minuten vor zwölf will bei den aktuellen Preisniveaus kein Verkäufer mehr Qualitäten vermarkten, die noch nicht geerntet wurden“ geben Makler zu bedenken. Die Gerstenernte ist im Norden noch in den Anfangsschuhen, während im Süden schon vielfach 100 Prozent gedroschen wurden. Im mittleren Deutschland sind 50 bis 90 Prozent der Gerste vom Halm. Es bleibt bei guten Erträgen und Qualitäten, die mitunter an das sehr gute Vorjahr heranreichen. Das „schadet“ den Preisen. Franko (angeliefert) Hamburg wird Gerste zu Wochenbeginn um 173 – 174 €/t bewertet. B-Weizen liegt fko HH um 198 €/t und A-Weizen für September bei 202 €/t fko HH. Im Norden gehen Marktbeteiligte vorerst von keinen großen Preissprüngen beim Weizen, weder nach oben, noch nach unten aus. Franko Mittellandkanal ist die Gerste von 170 auf 160 €/t abgerutscht. Erzeuger erhalten im mitteldeutschen Raum unter 150 €/t ab Hof für Ihre Futtergerste und bleiben verhaltene Abgeber. Im Süden wird Gerste ab Hof zwischen 135 und 140 €/t abgegeben. Qualitätsweizen kostet ab Hof in Bayern 170 €/t für B-Qualitäten und 175 €/t für A-Weizen. Erbsen werden von der Futtermittelindustrie gesucht, für 210 €/t franko Mitteldeutschland. Die Abgeber fehlen.
Zum Erntestart halten die Marktbeteiligten allesamt die Füße still. Für die Erzeuger birgt das derzeit kein hohes Risiko, da ein weiteres starkes Abrutschen der Preise unwahrscheinlich ist. Auftriebe, zum Beispiel durch Qualitätsdiskussionen ausgelöst, sollten nicht verpasst werden.
Brigitte Braun-Michels