Finanzkrise könnte stabilen Rapspreisen einen Strich durch die Rechnung machen
Ralf Häntzschel, von der Bernd Quinders Getreide und Futtermittel Agentur GmbH Neuss, über Preis bestimmende Faktoren am Ölsaatenmarkt.
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Ralf Häntzschel |
Herr Häntzschel, der Ölsaatenmarkt ist in den letzten Wochen regelmäßigen Schwankungen ausgesetzt. Welche Einflüsse wirken sich derzeit auf den Leitmarkt, die Sojabohne, aus?
Der deutlich kleineren südamerikanischen Sojabohnenernte und der weltweit guten Nachfrage stehen aktuell die guten US-Anbaubedingungen für Mais und Sojabohne sowie zunehmende Konjunkturängste gegenüber. Vor allem die EU-Schuldenkrise, welche immer akuter wird, sorgt für große Unsicherheit an den Finanzmärkten. Das löst regelmäßig Unsicherheit und damit Schwankungen im gesamten Marktumfeld, so auch bei den Rohstoffen, aus.
Sie haben es bereits angedeutet, die Bilanz für die weltweite Sojabohnenversorgung ist sowohl in dieser Saison, wie auch für die kommende Saison knapp. Hat die Sojabohne vor diesem Hintergrund überhaupt großes Abwärtspotential?
Aus fundamentaler, also versorgungstechnischer Sicht, dürfte das Rückschlagpotenzial der Börsenpreise begrenzt bleiben. Die bereits erwähnte deutlich kleinere südamerikanische Sojabohnenernte und die anhaltend gute Exportnachfrage aus China liefern dem Bohnenmarkt auf absehbare Zeit eine gute Unterstützung. Das unterstreichen auch die Zahlen im jüngsten Bericht aus dem amerikanischen Landwirtschaftsministerium (USDA). Danach reichen die weltweiten Endbestände lediglich für eine Versorgung von etwa 2,5 Monaten. Einen großen Unsicherheitsfaktor stellen jedoch die Finanzmärkte dar. Sollte es dort zu erneuten Turbulenzen kommen, erinnern Sie sich an die Finanzkrise 2008, könnten die gesamten Kurse an den Rohstoffmärkten, zumindest für einen gewissen Zeitraum, deutlich belastet werden.
Welche Rückschlüsse kann man aus der technischen Analyse, dem im Chartbild dargestellten Preisverlauf der Sojabohne, derzeit ziehen?
Obwohl der Sojabohnenmarkt lange Zeit als überkauft galt, was für sinkende Preise spricht, wurden die Kurse immer weiter nach oben geschraubt. Erst als die Spitzenmarke von 14,50 USDollar/bu erreicht wurde, gerieten die Sojabohnen-Futures in eine größere Korrekturphase mit negativen Vorzeichen. Derzeit bewegen sich die Notierungen eher im neutralen Bereich. Die Korrekturphase, also die weitere Abwärtsbewegung, dürfte damit kurz vor dem Abschluss stehen. Viel Luft nach unten ergibt sich aus dem aktuell dargestellten Preisverlauf der Bohne kurzfristig jedenfalls nicht. Weiter fallende Kurse dürften auf rege Nachfrage treffen und die Notierungen wieder stabilisieren. Da mit Hilfe der Charttechnik allerdings nur die Vergangenheit aufarbeitet werden kann, ist die Aussage begrenzt. Unberechenbare Wettermeldungen und neue Ernteprognosen können die Richtung bestätigen, unter Umständen aber auch wiederlegen.
Warum hat der Rohölmarkt Einfluss auf die Preise der Ölsaatennotierungen? Bleibt der Rohölpreis auf absehbare Zeit stabil und wenn, warum?
Als weltweit wichtigster Rohstoff nimmt das Rohöl grundsätzlich eine richtungsweisende Leitfunktion war. Aufgrund der engen Verzahnung des Rohölmarktes mit der Biodieselschiene ergibt sich eine Preisverbindung mit dem gesamten Ölsaatenkomplex. Ihre Frage, ob der Rohölpreis auf längere Sicht stabil bleiben wird, ist schwer zu beantworten. Kriegsentscheidend für die weitere Kursentwicklung wird vor allem der zukünftige globale Konjunkturverlauf sein. Ohne positive wirtschaftliche Vorgaben werden sich die Investoren wohl eher zurückhalten bzw. wie jüngst geschehen, zurückziehen. Bedenken Sie zudem, dass die US-Lagerbestände ein 22-Jahreshoch markieren und die ungelöste EU-Schuldenkrise die Märkte weiterhin belastet. Preis stabilisierend für die Rohölnotierungen wirken sich auf der anderen Seite der noch der ungelöste Iran-Atomkonflikt und das damit verbundene Ölembargo aus. Ob dies aber auf Dauer dem Ölmarkt zu weiterem Auftrieb verhelfen kann, bleibt fraglich. Nur deutlich freundlichere Konjunkturdaten, in Kombination mit der hohen Liquidität der Marktteilnehmer, würden für anziehende Kurse sprechen.
Die Rapspreise sind, trotz EU-weit sehr knapper Bilanz, Preisprüngen ausgesetzt. Wie groß schätzen sie hier das „Abwärtspotential“ ein und welche Fakten sind entscheidend für die Preise in den nächsten Wochen?
Sie sagen es, die Ölsaaten- und auch Pflanzenölbilanz ist nicht nur in der EU, sondern weltweit knapp. Deshalb sollte das Abwärtspotenzial im Grunde begrenzt bleiben. In den nächsten Wochen können die Wettermärkte und ggf. neue Ernteprognosen den Rapsmarkt beeinflussen. Auch der Rohölmarkt wird ein richtungsweisender Indikator sein. Nicht unterschätzen sollte man zudem die globalen Konjunkturerwartungen. Ich muss es an dieser Stelle erneut betonen: Für den Fall, dass sich die Konjunkturdaten über die weltweite Verschuldung weiter verschlechtern, könnte es zu Nachfrageverschiebungen kommen. Größere Verwerfungen an den Finanzmärkten könnten dann, wie bereits im vergangenen Jahr erlebt, zu größeren Kursabschlägen führen.
Sind bei den historisch hohen Preisniveaus der Rapskurse die Margen der Ölsaatenverarbeiter noch gegeben oder müssen wir mit Verarbeitungsrückgängen rechnen?
Die europäischen Ölmühlen wünschen sich sicher bessere Verarbeitungsmargen. Von daher sind zumindest zeitlich begrenzte Verarbeitungsverschiebungen in einzelnen Regionen denkbar. Aufgrund der enormen Ölmühlenkapazitäten sowohl in Deutschland, wie in der Europäischen Union, dürften diese aber schnell vom Gesamtmarkt kompensiert werden.
Vielen Dank für Ihre Ausführungen Herr Häntzschel.
Das Gespräch führte Brigitte Braun-Michels