Fahrtwind für steigende Getreidepreise fehlt
US-Bericht geht von hoher Maisernte 2016 aus/ Deutscher Weizen im Export zu teuer
So richtig Freude bei der Vermarktung will nicht aufkommen, wenn man die neuen Zahlen aus dem amerikanischen Landwirtschaftsministerium (USDA-Bericht) Revue passieren lässt. Die Versorgung der internationalen Märkte ist ausgesprochen gut und die Aussichten für die kommende Saison sind ebenso positiv. Die Meinungen über Peisentwicklungspotentiale bleiben getrübt.
Ende letzter Woche hat das amerikanische Landwirtschaftsministerium, vor allen Dingen beim Mais, für Überraschungen gesorgt. Wie erwartet ist einbezogen worden, dass sich die US-Maisfläche für die kommende Saison vermindert hat. Jedoch hat der Bericht auch den aktuell gut bonitierten Mais Rechnung getragen und die US-Maisernte für die kommende Saison auf ähnlich hohem Niveau belassen, wie im Vormonat. Analysten hatten mit einer Verringerung der Maisernte gerechnet.
Die Weizenernte und die weltweiten Weizenendbestände wurden erwartungsgemäß ebenso heraufgesetzt. Die Börse (CBOT) hat den USDA-Oktoberbericht beim Getreide mit negativen Zahlen quittiert.
Der Sojakomplex reagierte auf die Ministeriumsprognose mit grünen Vorzeichen. Grund: die Anbaufläche der US-Bohne wurde für die kommende Saison reduziert. Damit verbunden sind eine kleinere Ernte und niedrigere Endbestände des größten weltweiten Bohnenexporteurs.
Die Rapsnotierungen haben sich von der Bohne anstecken lassen. Während bis zum Freitagabend an der Pariser Börse (Matif/Euronext) versucht wurde, die Verluste der Vortage wett zu machen, geht es zu Beginn dieser Woche mit grünen Zahlen weiter. Für November liegen die Rapsfutures in Paris knapp unter 380 €/t. Franko (angeliefert) Ölmühle werden für die Termine Oktober bis Dezember 385 bis 387 €/t gezahlt.
In Paris (Euronext) kostet Weizen für Dezember rund 178 €/t und für März 186 €/t. In Hamburg wird B-Weizen derzeit rd. 3 €/t unter dem Börsenpreis beboten. Damit trägt der Handel der global sehr guten Versorgungslage Rechnung. A-Weizen wird franko (angeliefert) Hamburg um 180 €/t besprochen. Mühlen im Rheinland und Westfalen bieten um 185 €/t für A-Weizen. Franko Würzburg ist A-Weizen mit 175 bis 177 €/t etwa 8 bis 10 €/t billiger, als im hohen Norden.
Handelsbeteiligte schauen bei der weltweit guten Versorgungslage pessimistisch auf die weitere Preisentwicklung. Im Norden beklagen internationale Händler, dass deutscher Weizen, trotz erniedrigter Preise, am internationalen Markt nicht wettbewerbsfähig ist. Ein Tender von 700 000 t Weizen ist in der letzten Woche Richtung Saudi Arabien „billiger“ aus östlichen Gefielden bedient worden. Bis zum Frühjahr könnten die Preise sogar noch Abwärtspotential haben, wird gemunkelt.
Analysten der Firma Kiefer tun sich schwer, dem Blick in den dunklen Tunnel zu folgen. „Schwarz malen ist derzeit Mode,“ lautet die kritische Rückmeldung. Die Preise sind jetzt lange einem negativen Trend gefolgt. Eine Gegenreaktion ist irgendwann fällig, wird vermutet. Vergleicht man die Versorgungslage der Hauptexporteure von Weizen, dazu zählen die EU, die USA, die FSU-Länder sowie Argentinien und Australien, zeigt sich eine gleiche Situation, wie im vergangenen Jahr. An Preisschwankungen auf bis zu 200 €/t an der Matif in Paris sei in diesem Zusammenhang erinnert.
Vorerst fehlen die Nachrichten, die einen Preisauftrieb beim Getreide rechtfertigen. Ernten, die für die kommenden Jahre dauerhaft Rekordniveaus erreichen, sind aber weder realistisch, noch agrartechnisch umzusetzen. Vorerst ist die Strategie des „Füße still Haltens“ richtig. Weitere (Zwischen-)Preistiefs sind dabei jedoch nicht auszuschließen. Leisten können sich die Wartestrategie allerdings nur Unternehmen, die über kontrollierte Vermarktung ihre Liquidität rechtzeitig sicher gestellt haben.
Brigitte Braun-Michels