Ernteerwartungen in Europa durch die Bank positiv
Verbände und Erzeugervertreter schätzen für 2014 höhere Erntemengen / Starkregen in den USA beflügelt die Notierungen zu Wochenbeginn
Gute Aussichten für die europäische Getreideernte lassen die Kurse an der Pariser Matif (Nyse, Euronext) weiter in die Tiefe purzeln. Auch die Rapsnotierungen sind in die Knie gegangen und testen in Paris die kritische Marke von 350 €/t nach unten. In Osteuropa und Frankreich ist die Gerstenernte gestartet. Parallel werden die Prognosen für das EU-Getreideaufkommen kontinuierlich heraufgesetzt. Das französische Analystenhaus Strategie Grains hat die Weizenernte 2014/15 jetzt um rund 2 Mio. t auf knapp 140 Mio. t geschätzt. Das wäre die zweitgrößte Weizenernte, die jemals in der EU erzielt wurde.
Auch die EU-Ausschüsse der Bauernverbände (Copa) und Genossenschaften (Cogeca) haben die EU-Getreideernte mit etwa 3,4 Mio. t im Vergleich zum Vorjahr um über 2 Prozent erhöht. Die Brotweizenerzeugung soll, ähnlich der Schätzung der französischen Analysten, bei 140 Mio. t (plus 5,6 %) liegen. Das Körnermaisaufkommen wird auf 68 Mio. t beziffert. Die Triticale-Produktion steigt auf 11,9 Mio. t (plus 16,3 %). Bei einigen Getreidearten wie Gerste (minus 7,8 %), Roggen (minus 5,6 %), Hartweizen (minus 7 %) und Hafer (minus 7,9 Prozent) wird die Produktionsmenge leicht zurückgenommen.
Der europäische Getreidehandelsverband (Coceral) ist in seiner, Ende letzter Woche aktualisierten, Schätzung ebenso optimistisch. Hier liegt die Gesamtgetreideernte bei rund 302 Mio. t. Im Unterschied zu den Dachverbänden der landwirtschaftlichen Produzenten geht Coceral von geringeren Durchschnittserträgen aus. Die Weichweizenernte wird mit knapp 142 Mio. t etwas höher geschätzt. Gerste liegt bei rund 56 Mio. t, Hafer bei 28 Mio. t und Mais bei 64,6 Mio. t. Triticale bewegt sich mit rund 11 Mio. t etwa auf dem Niveau des Vorjahres.
Die Schätzung der europäischen Ölsaatenernte fällt bei Coceral ähnlich optimistisch aus. Die EU-Rapsproduktion liegt mit gut 15 Mio. t um 1,3 Mio. t über der letzten Saison. Die Produktion von Sonnenblumen sinkt um 0,2 Mio. t auf 2,95 Mio. t. Die Sojabohne gewinnt in der europäischen Union zunehmend an Bedeutung und steigt mengenmäßig auf 1,1 Mio. t (VJ 0,93 Mio. t). Die Gesamtölsaatenproduktion in der EU erhöht sich, laut aktueller Coceral-Schätzung, auf 19 Mio. t. Das sind etwa 1,2 Mio. t mehr als 2013 von den Feldern geholt wurde.
Zu Beginn dieser Woche holen die Notierungen an den Börsen erst einmal Luft und starten mit grünen Vorzeichen. Gründe liefert das US-Wetter. Wichtige Anbaugebiete in den USA sind von starkem Regen betroffen, was zu Qualitätseinbußen beim Weizen führen und den Fortgang der Ernte beeinträchtigen könnte. Auch die US-Maispreise legten wieder zu, weil übermäßige Regenfälle Sorge um Ertragseinbußen aufkommen lassen. Richtige Belastungen erwarten Analysten von den aktuellen Wetterverhältnissen in den USA bisher aber nicht. Gefährlicher könnte es werden, wenn eine Hitzewelle in der noch bevorstehenden Bestäubungsphase beim Mais einsetzt.
Seit Anfang Mai dieses Jahres sind die Weizennotierungen in Paris von knapp 210 €/t auf unter 190 €/t gefallen. Raps hat sich von etwa 410 €/t im März dieses Jahres auf jetzt knapp 360 €/t nach unten entwickelt. Den Beteiligten am Kassamarkt nimmt die Preisentwicklung jegliche Handelslust. Mühlen und Mischer leben von der Hand in den Mund, weil sie hoffen, dass der Erntedruck die Preise weiter in Schach hält. Landwirte mit Lagerkapazität halten sich mit dem Verkauf auf der anderen Seite ebenso zurück und hoffen auf Wetterimpulse und eine gute Exportnachfrage im Herbst. Bleibt es bei den guten weltweiten Ernten, dürften die erhofften höhere Preise noch länger auf sich warten lassen.
Brigitte Braun-Michels