Deutsche Ernte in der Regenpause
Börsenpreise müssen Abschläge hinnehmen / Europas Preise von „Ernteanlieferungen“ gedrückt
Zu Beginn dieser Woche gingen die Börsen in Chicago (CBOT) und Paris (Euronext) mit tief roten Zahlen an den Start. Global werden die Märkte von den Konjunktursorgen um China nach unten getrieben. Das bessere Wetter und Währungsverschiebungen tun das Ihrige. Die Ernte in Deutschland wird derzeit vom Regen unterbrochen.
Die Preise in Chicago für Weizen und vor allem Mais „fallen dem Wetter zum Opfer“. Vorteilhafte Bedingungen schüren die Hoffnung auf eine erneut sehr gute US-Maisernte. Seit Mitte Juli ist der Maispreis in Chicago um rund 10 Prozent unter 400 US-Cents je Scheffel (entspricht rd. 145 €/t) gesunken. Hinzu kommt die Sorge um die Konjunkturschwäche in China, die Nachfragerückgänge des weltweit größten Mais- und Sojaimporteurs zur Folge hätte. Die US-Weizenernte kommt gut voran und der Export hat durch die insgesamt stabile US-Währung, wenn auch zuletzt etwas abgewertet, Absatzschwierigkeiten. Auch Kanada hat, nach der sogenannten Croptour vom vergangenen Wochenende, die Weizenernte wieder etwas erhöht. Nach wie vor liegen die Werte aber unter denen des Vorjahres.
In Paris wird die Getreidebörse (Euronext, Matif) von den US-Leitmärkten und den unerwartet guten Erträgen in Europa gedrückt. Besonders die französische Weizenernte soll höher ausfallen, als erwartet. In den letzten fünf Tagen sind die Preise an der Euronext für September 2015 von 190 €/t auf rd. 183 €/t beim Weizen gesunken.
Bei den Ölsaaten zeigt sich ein ähnliches Bild. Nachdem die Bohne zuletzt von der robusten Nachfrage nach Sojamehl profitiert hat, sind die guten Wetterbedingungen jetzt ausschlaggebend für anhaltende Preisabschläge an der Börse in Chicago, begleitet von Konjunktur- und damit Absatzsorgen ins Reich der Mitte. Außerdem bleibt Südamerika mit einer erneut ausgedehnten Sojabohnenaussaatfläche und bisher ebenso guten Witterungsverhältnissen in dieser Saison Exportkonkurrent Nummer eins.
Die Rapsnotierungen in Paris lassen sich von der schwächelnden Bohne mit nach unten ziehen. Der auslaufende Augustkontrakt bringt in Paris die Kurse technisch in die Bredouille. Am Montag verliert der August allein rd. 10 €/t an Wert und sinkt auf 374 €/t.
Die Ernte in Deutschland zeigt sich, nach ersten Umfragen, in einer sehr großen Schwankungsbereite. Im Süden und Mitteldeutschland zeigen gute Standorte bei Getreide und Raps bisher gute Erträge und Qualitäten bzw. Ölgehalte. Schwächere Standorte fallen stark nach unten ab. Aus Mecklenburg-Vorpommern wird berichtet, dass das Niveau des vergangenen Jahres deutlich unterschritten wird. Statistiker rechnen für die gesamte Getreideernte in Deutschland mit einem Ergebnis, dass 15 Prozent unter 2014 liegen soll. Raps soll das Vorjahr um 18 Prozent unterlaufen. Bei der Wintergerste wird ein durchschnittlicher Ertrag von 71 dt/ha beziffert. Winterweizen wird mit rd. 77 dt/ha prognostiziert. Die Ertragserwartung für die Ernte 2015 dürfte damit auf dem mittleren Niveau der vergangenen sechs Jahre liegen. Die Erträge bei der Sommer (Brau-)-gerste belaufen sich im Durchschnitt aus 45 dt/ha, mit erniedrigten Eiweißgehalten.
Am Kassamarkt herrscht, nach den aktuellen Preisabschlägen, „Verhandlungsruhe“. Franko (angeliefert) Hamburg wird A-Weizen auf 195 €/t und B-Weizen auf 186 €/t für September beziffert. An den Mühlen Rheinschiene und Westfalen wird für A13-Weizen Basis Oktober – November rd. 202 €/t geboten. In Süddeutschland wird B-Weizen mit 160 €/t franko Hafen und A-Weizen mit 170 €/t franko Hafen beziffert. Vorerst gehen Marktbeteiligte davon aus, dass die laufende Ernte die Preise nach unten in Schach hält. Hinzu kommt billiges russisches Getreide, welches derzeit am Exportmarkt den Absatz bestimmt. „Vor Oktober“ so ein Handelsbeteiligter, „habe ich für die Getreidepreise keine Aufstiegshoffnungen.“
Brigitte Braun-Michels