Alternaria: Was ist zu tun?

Kartoffelexperten im Gespräch: Interview mit Dr. Hans Hausladen (Technische Universität Weihenstephan) und Dr. Karsten Buhr (Syngenta)
Die Dürrfleckenkrankheit Alternaria spp. gewinnt im Kartoffelanbau neben der Kraut- und Knollenfäule an Bedeutung. Erfahren Sie, was bei der Bekämpfung zu beachten ist und welche Maßnahmen gegen diese Krankheit erfolgreich sind.
Herr Dr. Hausladen, wie hat sich das Auftreten von Alternaria in den Schwerpunktregionen des Kartoffelanbaus entwickelt?
Die Alternaria-Dürrfleckenkrankheit hat in den letzten 15 Jahren an wirtschaftlicher Bedeutung gewonnen. Die Gründe für das verstärkte Auftreten sind sehr vielfältig. In den vergangenen Jahren sind viele Fungizide zur Bekämpfung der Kraut- und Knollenfäule zugelassen worden, die keine oder nur eine sehr eingeschränkte Alternaria-Wirkung haben. Das Infektionspotential des Erregers hat sich aber aufgrund der engeren Kartoffelfruchtfolgen im Boden erhöht. Ferner ist der Kartoffelbestand vermehrt Stress-Situationen wie Trockenheit, Hitze oder Staunässe ausgesetzt. Das erhöht die Anfälligkeit der Wirtspflanze.
Herr Dr. Buhr, Ihr Unternehmen hat mit Ortiva und Revus Top zwei Alternaria-Fungizide zur Zulassung gebracht. Spiegelt sich deren Einsatz in der beschriebenen Ausbreitung der Krankheit wieder?
Seit der Zulassung 2007 von Ortiva in Kartoffeln sehen wir eine kontinuierliche Zunahme des Einsatzes von Spezial-Fungiziden gegen Alternaria. Dazu zähle ich Ortiva und Revus Top aus unserem Haus. Im Schnitt werden sie ca. 1,5mal pro Hektar eingesetzt. Die Praxis benötigt offensichtlich die Leistungsstärke dieser Fungizide, um dem steigenden Alternaria-Druck zu begegnen.
Herr Dr. Hausladen, das richtige Timing des Spritzstarts ist bei Phytophthora von höchster Bedeutung. Wann sehen Sie den richtigen Termin zum Einstieg in die Alternaria-Bekämpfung?
In zahlreichen Studien haben wir uns am Lehrstuhl mit dieser zentralen Frage beschäftigt. Die erste Applikationsmaßnahme mit einem“ Alternaria-Spezial“-Produkt sollte vor der Erregerprogression im Bestand erfolgen. Daher empfehlen wir aktuell den Spritzstart 7 bis 8 Wochen nach dem Auflaufen der Kartoffel, spätestens jedoch wenn der Befall in der mittleren Blattetage der Kartoffelpflanzen festzustellen ist.
Dr. Hans Hausladen, Technische Universität Weihenstephan, Lehrstuhl für Phytopathologie. Er beschäftigt sich seit mehr als 17 Jahren mit der Alternaria-Dürrfleckenkrankheit und leitet als Vertreter Deutschlands bei EuroBlight* die Arbeitsgruppe Alternaria.
Seine wissenschaftlichen Arbeiten bildeten die Basis für die Integration von Alternaria in das Phytophthora Modell Weihenstephan.
Herr Dr. Hausladen, und welche Rolle spielt dabei die Wahl des Fungizids?
Im Rahmen von eigenen spezifischen Versuchen auch in Kooperation mit anderen europäischen Forschungspartnern werden im Freiland Fungizide und Fungizid-Mischungen hinsichtlich der Wirksamkeit gegen Alternaria überprüft und bewertet. Wir stellen fest: Die Applikation eines sehr wirksamen Fungizides zum richtigen Zeitpunkt ist der Schlüssel zum Erfolg.
Herr Dr. Buhr, in letzter Zeit wird vermehrt über Resistenzen bei Alternaria diskutiert. Welche wesentlichen Erkenntnisse hat Ihr Unternehmen?
Es ist bekannt, dass bei Alternaria solani und Alternaria alternata Mutationen auftreten, die zu einer Verminderung der Sensitivität gegenüber bestimmten Wirkstoffgruppen führen können. Syngenta führt seit vielen Jahren ein Resistenz-Monitoring durch. Seit einiger Zeit werden in Deutschland bei Alternaria solani Isolate gefunden, die im Labor gegenüber Strobilurinen wie Azoxystobin vermindert sensitiv sind. Die Feldwirkung von Ortiva, das den Wirkstoff Azoxystrobinden enthält, gegen die Dürrfleckenkrankheit ist in der Regel aber gegeben. Gegenüber dem Triazol-Wirkstoff Difenoconazol (in Revus Top) zeigen alle Isolate von Alternaria solani und auch Alternaria alternata dagegen seit Jahren konstant hohe Sensitivität. Der Wirkungsmechanismus der Triazole ist bei Alternaria-Arten sehr „robust“ und weist dadurch ein deutlich geringeres Resistenzrisiko auf.
Dr. Karsten Buhr, Technischer Experte Kartoffeln bei Syngenta. Er ist fachlich verantwortlich für das Kartoffelportfolio von Syngenta.
Mit Einführung von Ortiva und Revus Top stellt die Alternaria-Bekämpfung einen Schwerpunkt in der fachlichen Beratung, der Versuchsarbeit und im Resistenzmonitoring dar.
Herr Dr. Hausladen, gibt es aus Ihrer Sicht noch Ergänzungen zum Thema Resistenz? Wie sollte eine wirkungsvolle Anti-Resistenz-Strategie aussehen?
Grundsätzlich sind die Ergebnisse im Labor und die Wirkung im Feld getrennt zu betrachten. So ist ein molekularer Nachweis einer bestimmten Mutationsstelle - zum Beispiel F129L bei Alternaria solani - noch kein Nachweis einer verminderten Wirkung im Feld. Falls jedoch Mutationen vermehrt nachgewiesen werden, wie aktuell in vielen Regionen Europas, ist die Beachtung von Anti-Resistenz-Strategien absolut notwendig. Die wichtigsten Eckpfeiler eines Anti-Resistenz-Managements für Alternaria solani gegenüber Strobilurin-Fungiziden sind: Maximal zwei Applikationen mit voller Aufwandmenge und keine Anwendung bei bereits stark ausgeprägtem Befall im Bestand.
Herr Dr. Buhr, wie sieht in 2016 die Empfehlungsstrategie Ihres Unternehmens gegen Alternaria in Kartoffeln aus?
Eine nachhaltige Alternaria-Bekämpfung ist umso erfolgreicher, je mehr hoch potente Wirkstoffe bzw. Wirkmechanismen verfügbar sind. Wir empfehlen deshalb zur Vermeidung von Resistenzen, Ortiva höchstens zweimal in der Kultur anzuwenden. Neu in 2016 ist allerdings, dass eine durchgeführte Furchenbehandlung mit Ortiva mit anzurechnen ist. Ferner raten wir, immer die volle Aufwandmenge zu nutzen und in der Spritzfolge einen Wirkstoffgruppenwechsel vorzunehmen. D.h. Ortiva abwechselnd mit 2-3 Behandlungen mit Revus Top einzusetzen. Damit kann der Wirkstoff Difenoconzol im Revus Top sinnvoll im Rahmen der Anti-Resistenz-Strategie genutzt werden.
Herr Dr. Hausladen, wie ist der Stand zum Thema Sortenresistenz?
Der Landwirt hat die Möglichkeit weniger anfällige Sorten anzubauen. Eine Bewertung der Alternaria-Anfälligkeit wird in der Beschreibenden Bundessortenliste derzeit jedoch nicht durchgeführt. Viele Züchter geben aber einen Hinweis zur Anfälligkeit ihrer Sorten. Ich sehe hier dringenden Handlungsbedarf! Die Nutzung von Sortenresistenzen ist ein zentraler Baustein des integrierten Pflanzenschutzes.
Wichtig ist auch, dass im Anbau Stressfaktoren wie Insektenbefall, Nährstoffmangel und Trockenstress reduziert werden, denn die Alternaria-Dürrfleckenkrankheit breitet sich bei gestressten Kartoffelpflanzen deutlich schneller aus.
* weitere Informationen unter www.euroblight.net
Wir danken für das Gespräch.
Weitere Informationen finden Sie hier:
• Hintergrundinformationen zur Dürrfleckenkrankheit Alternaria spp zum Download
• syngenta.de/Kartoffeln
• Anmeldung zum Phytophthora-Modell Weihenstephan unter meinSyngenta