Auch Bauern brennen aus
Besonders bei Betrieben mit Viehhaltung werden die Kräfte überschritten/ Landwirte sollten eigene Ziele realistisch setzen und Arbeitskräftebeschaffung rechtzeitig sicherstellen
Generationenkonflikte und Existenzängste gelten als Hauptprobleme für seelische Krisen bei mittelständischen Unternehmern. Wenn Unternehmen wachsen, werden die Aufgaben immer komplexer. Begleitet von elektronischem Dauerfeuer und permanenter Erreichbarkeit kann sich das Ganze zu einer gefährlichen Falle entwickeln. Plötzlich entstehen grundlose Ängste und einfache Arbeitsabläufe können nicht mehr erledigt werden. Das Gehirn schaltet um auf "Totalverweigerung", den sogenannten Burnout.
Der geistig/körperliche Zusammenbruch kann jeden betreffen und im Vergleich zu anderen Berufsgruppen ist der Anteil der Landwirte mit diesem Phänomen, offiziell zumindest, noch vergleichsweise gering. Auf der anderen Seite zeigen Umfragen, dass auch in der Landwirtschaft die Belastungsgrenze vieler Betriebsleiter hoffnungslos überschritten wird. Eine Befragung von DLG-Spitzenbetrieben in der Schweinehaltung stellte Dr. Jörg Bauer im Rahmen der DLG-Unternehmertage in Hannover vor. Danach fühlen sich 50 Prozent der Landwirte mit Schweinehaltung überlastet. Gleichzeitig wollen 64 Prozent der Unternehmer in den nächsten Jahren weiter wachsen und viele Betriebsleiter arbeiten schon jetzt mehr als 80 Stunden pro Woche.
Wissenschaftler sind sich einig, dass Burn Out durch chronischen Stress entsteht. Das können zum einen äußere Faktoren sein, wie eine (zu) hohe Arbeitsmenge, hoher Termindruck, hohe Verantwortung, zu wenig Personal, begrenzte Finanzmittel oder fehlendes Wissen. Zum anderen kommen die Inneren Antreiber hinzu. Typische Antreiber bei Agrar- und Unternehmerfamilien sind: Ich muss für alle Verantwortung übernehmen. Ich muss funktionieren. Ich darf keine Fehler machen. Ich muss Haltung bewahren. Ich bin nichts wert. Ich muss Leistung bringen, um nicht abgelehnt zu werden. Dazu kommen äußere Faktoren, wie: die Kollegen werden immer größer, Wachse oder Weiche oder die Kostendegressionskurve, die von der Betriebsgröße positiv beeinflusst wird. Wenn immer mehr Leistung erwartet wird, führt das zu chronischer Überforderung. Psychologen erklären, dass nahezu jeder Burn Out eine Erschöpfungsdepression ist.
Um dieser Falle zu entgehen ist es wichtig, seine eigenen Vorstellungen von Ökonomie und Lebensqualität in ein gutes Verhältnis zueinander zu setzen. Chefs sollten sich fragen, welche Ziele zum Beispiel realistisch und wo die Chancen auf Erfolg am höchsten sind. Wie können Arbeitsabläufe besser strukturiert werden? Was mache ich selber und wo gebe ich Verantwortung ab? Das Thema Mitarbeiter finden und binden wird in diesem Zusammenhang in der Landwirtschaft in Zukunft immer bedeutsamer. Landwirtschaftliche Unternehmen müssen sich deshalb darauf konzentrieren, zu attraktiven, gut dotierten und gesellschaftlich anerkannten Arbeitsplätzen zu werden.
Ein ausführlicher Beitrag zum Thema "Burn Out" ist in der Zeitschrift Agrarmanager vom Juni 2012 nachzulesen unter unter www.bbm-coaching.de unter Veröffentlichungen.
Brigitte Braun-Michels